Weiterbildung mit Profil (Teil 4 von 8): Mehrperspektivität

„Es gibt kein edleres Bildungsmittel als die Unterredung mit einem Gleichgesinnten von ungleichen Ansichten.“ (Jacob Christoph Burckhardt, Schweizer Humanist und Kulturhistoriker, 1818-1897).

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Das Lehren und Lernen mit und durch den Austausch von unterschiedlichen Ansichten hat eine lange wissenschaftliche Verwurzelung und basiert auf den Bemühungen um einen differenzierten und integrierenden Umgang mit den Lebenswirklichkeiten von Menschen in ihrem Kontext. Damit verbunden sind die Bestrebungen nach einer Pluralität von Modellen sowie einer verbindenden und integrierenden Theorienbildung, welche das Konzept der „Mehrperspektivität“ widerspiegelt (Petzold, 2007).

Mehrperspektivität in unseren Angeboten

Die WB PH Luzern stellt den Anspruch, die Inhalte in ihren Angeboten aus verschiedenen Perspektiven zu erarbeiten und zu betrachten. Dies können die Perspektiven unterschiedlicher Theorien sein (z.B. Lernortkooperation), unterschiedlicher Disziplinen wie beispielsweise der pädagogischen (z.B. Wissen, Handeln, Performanz), soziologischen (z.B. Chancengleichheit), psychologischen (z.B. Lernpsychologie), ökonomischen (z.B. Kosten, Nutzen) oder historischen Sicht. Auch die Perspektiven in Bezug auf unterschiedliche Akteure und deren Rollen wie beispielsweise jene der Schulleitung (z.B. Strukturen), Lehrpersonen (z.B. Informationsaustausch), Lernenden (z.B. entdeckendes Lernen) oder Eltern (z.B. Zusammenarbeit) sind denkbar. Die Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Perspektiven ermöglicht eine intensivere Auseinandersetzung mit individuellen Sichtweisen, subjektiven Theorien und wissenschaftsbasierten Zugängen mit dem Ziel, einseitige Ausrichtungen zu vermindern und die eigenen Ansichten kritisch zu reflektieren bzw. ganzheitlicher einzuschätzen. Durch eine in den Angeboten gelebte Mehrperspektivität eröffnen sich die Chancen, die eigene Begründungsfähigkeit zu stärken, neue Problemlösestrategien zu erkennen und die Handlungskompetenz zu erweitern.

Von der Intention zur Umsetzung

Es gibt eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten, die Mehrperspektivität in den eigenen Angeboten umzusetzen. Diese wurden auch im Rahmen des Workshops an der Weiterbildungstagung für WB-Dozierende angeregt diskutiert und konkretisiert. So können in Rollenspielen unterschiedliche Blickwinkel eingenommen, gegenseitige Videobeobachtungen durchgeführt, Projektarbeiten interdisziplinär umgesetzt oder auch ExpertInnenpodien eingerichtet werden, um nur einige konkrete Beispiele zu nennen. Viele dieser Anwendungsmöglichkeiten zeigen auf, dass die Berücksichtigung der Mehrperspektivität eng mit kooperativem Lehren und Lernen, Kommunikation und Transparenz assoziiert werden. Indem wir die Mehrperspektivität in unseren Angeboten leben, setzen wir uns aktiv für ein ganzheitliches, kritisches und reflektiertes Lehren und Lernen bei uns selbst und unseren Teilnehmenden ein.

 

Dr. Janine Gut, Abteilungsleiterin Berufs- und Weiterbildung Sek II & Tertiär

 

Petzold, H. (2007). Mehrperspektivität—ein Metakonzept für Modellpluralität, konnektivierende Theorienbildung und sozialinterventives Handeln in der Integrativen Supervision. Integrative Supervision, Meta-Consulting, Organisationsentwicklung: Ein Handbuch für Modelle und Methoden reflexiver Praxis, 89-147.

 

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