Klassenlehrer/in an Gymnasien – neu mit formaler Qualifikation

An Gymnasien übernehmen Klassenlehrpersonen wichtige Aufgaben, wofür sich die Gymnasiallehrpersonen im Rahmen einer Weiterbildung qualifizieren müssen. An der PH Luzern wurde der schweizweit einzigartige Zertifikatsstudiengang CAS Klassenlehrer/in an Gymnasien durchgeführt. Erste Erfahrungen bestätigen das auf Praxisfällen basierte Konzept.

«Klassenlehrpersonen sind an Gymnasien die wichtigsten Ansprechpersonen für die Schülerinnen und Schüler und ihre Erziehungsberechtigten bei schulischen Fragen sowie für andere Lehrpersonen», sagt Livius Fordschmid. Er ist der Studiengangsleiter des CAS Klassenlehrer/in an Gymnasien der PH Luzern. Klassenlehrpersonen übernehmen in ausdifferenzierten Schulstrukturen mit einem Fachlehrerregime die Koordination zwischen Fachlehrpersonen; aber auch bei sonderpädagogischen und disziplinarischen Massnahmen. «Für die Schulleitungen sind die Klassenlehrpersonen eine Art Drehscheibe zwischen ihren eigenen Anliegen im Rahmen der strategischen Schulentwicklung und den Anliegen der Klasse und deren Fachlehrpersonen», schreibt die Schulforscherin Annette Tettenborn der PH Luzern. Die Klassenlehrperson übernimmt zudem als «Erziehungsallrounder» pädagogische Erziehungsaufgaben, welche die ganze Klasse betreffen. Sie fördert die Fähigkeit der Klasse, Verantwortung für die Klassengemeinschaft und das Schulklima zu übernehmen.

CAS Klassenlehrer/in – oder doch nur ein Kurs?

«Der “geborene“ Klassenlehrer hat sein Metier weitgehend gelernt», meinte 1988 Ivan Rickenbacher, der promovierte Pädagoge. Seit dem Studienjahr 2015/16 wird an der PH Luzern ein Weiterbildungsstudiengang für künftige Klassenlehrpersonen im Umfang von 300 Lernstunden (10 ECTS-Punkten) mit einem CAS-Abschluss durchgeführt. Für junge Lehrpersonen ist der formale CAS-Abschluss einer Pädagogischen Hochschule wichtig, um den aktuellen Anstellungsunsicherheiten mit etwas Formalem zu begegnen. Einige Gymnasiallehrpersonen schrecken aber noch vor der zeitlichen Belastung eines CAS zurück und suchten sich kürzere Kurse, meint der Studiengangsleiter Livius Fordschmid. Eine Absolventin meldete uns zurück, dass neben der üblichen Unterrichtstätigkeit, die schriftliche Abschlussarbeit schwierig zu leisten sei. «Da gingen bei allen Ferientage drauf.»

Praxisfälle als Dreh- und Angelpunkt

So vielfältig die Aufgaben einer Klassenlehrperson sind, so stark konzentrieren sich die konkreten Alltagsprobleme auf einige, jedoch komplexe Herausforderungen, wie beispielsweise psychische Probleme der Schülerinnen und Schüler, Überforderungen oder Probleme mit andern Lehrpersonen, sagt Livius Fordschmid. Hier setzt der praxisnahe Studiengang an. Der CAS baut im Kern auf konkreten Schulsituationen der Teilnehmenden (Fälle) auf und folgt dem Prinzip «von der Praxis für die Praxis». «Der ganze Studiengang ist in jeder Hinsicht darauf ausgerichtet, dass konkrete Fälle aus der Praxis einbezogen werden» bestätigt eine Teilnehmerin. «Formen wie das kollegiale Beratungsgespräch bieten da eine gute Gelegenheit, angeregt zu diskutieren und Erlebtes zu reflektieren. Zweifellos entstehen dadurch spannende Gedankenanstösse, wie mit schwierigen Situationen umgegangen werden kann, auch wenn man persönlich noch nicht mit einer solchen Situation konfrontiert worden ist» fügt eine andere Teilnehmerin hinzu.

Die vertieften Fallbesprechungen erlaubt es den Dozierenden, die entsprechenden Theorien einzuführen, Verhalten und Lösungsansätze zu reflektieren und konkrete Tipps den Teilnehmenden mitzugeben. Die Fallbearbeitungen wurden durch Inputreferate etwa von Experten der Jugendpsychiatrie, durch die Auseinandersetzungen mit der eigenen Rolle als Klassenlehrperson oder durch die Zusammenarbeit mit externen Stellen wie dem Rechtsdienst ergänzt.

Eine Weiterbildung mit vielen Highlights

Für viele Teilnehmende war das Arbeiten an den einzelnen Fällen ein Highlight im Weiterbildungsstudiengang. Mit dem induktiven Vorgehen wurden die theoretischen Grundlagen fassbar und die Problemstellungen und –lösungen konnten anschaulich von einem Fall zum nächsten transferiert werden. Der Austausch mit anderen Klassenlehrer/innen unter kundiger Anleitung sowie die konkreten Tipps durch Kursleitende wurden ebenso geschätzt, wie auch die Referate der eingeladenen Experten/innen. Die schriftliche Arbeit zum Abschluss des CAS wurde vereinzelt «als wissenschaftliche Fingerübung» wahrgenommen, die von den Teilnehmenden zur vertieften Auseinandersetzung ihres Falles genutzt wurde. In der Evaluation des CAS wurden die konstruktiven Rückmeldungen, das angenehme Arbeitsklima und die hohe fachliche Kompetenz der Dozierenden geschätzt, sodass die Teilnehmenden des CAS auch mit ihrem persönlichen Lernzuwachs zufrieden waren. Eine Absolventin fügte explizit hinzu: «Ich empfehle den Kurs für (angehende) Klassenlehrpersonen.»

Prof. Dr. Jürg H. Arpagaus, Prorektor, PH Luzern

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