Sich (nicht) mit fremden Federn schmücken – Plagiate vermeiden mit didaktischen Massnahmen (1/3)

Auch die Pädagogische Hochschule ist keine Insel im Datenmeer. Sie sieht sich seit längerem konfrontiert mit Plagiaten in Bachelor- und Masterarbeiten sowie in schriftlichen Leistungsnachweisen. Mit den Copy/Paste-Tasten wird auch an unserer Hochschule oft etwas (zu) locker umgegangen. Deshalb hat sich die Hochschulleitung entschieden, unter dem Label „Plagiate vermeiden“ vermehrt Anstrengungen zu unternehmen, damit Plagiate an der PH Luzern Einzelfälle bleiben. Neben dem künftigen Einsatz einer Plagiatssoftware sollen Massnahmen ergriffen werden, um Studierende und Dozierende stärker für die Thematik zu sensibilisieren. Dazu gehören auch Massnahmen aus dem Bereich der Hochschuldidaktik.

Dass das Schummeln, Spicken und Plagiieren auch vor Hochschulen nicht haltmacht, zeigte die FAIRUSE-Studie: In dieser sehr breit angelegten Studie haben 18% der befragten Studentinnen und Studenten angegeben, in den vergangenen 6 Monaten bei schriftlichen Arbeiten plagiiert zu haben (andere Schummeleien wie Abschreiben bei Prüfungen kommen sogar doppelt so häufig vor). Ein gute zusammenfassende Übersicht zur FAIRUSE-Studie findet sich auf der Website des Zeit-Campus und auf der studentischen Website webmoritz.de.

Natürlich wollen wir Studierende nicht unter den Generalverdacht des Plagiierens stellen. Trotzdem gibt es Situationen beim Verfassen von schriftlichen Arbeiten (davon gibt es gerade an PHs etwas gar viele), in denen Studierende (zu) schnell in Versuchung kommen, die eine oder andere Passage ohne Quellenverweis in die eigene Arbeit einfliessen zu lassen. Aus diesem Grund haben wir 15 (hochschuldidaktisch gefärbte) Massnahmen für das Konzipieren möglichst plagiatsresistenter schriftlicher Arbeiten zusammengestellt. Diese sollen die Dozierenden beim Formulieren und Betreuen von schriftlichen Leistungsnachweisen, BA- und MA-Arbeiten unterstützen und die Studierenden für das wissenschaftliche Schreiben jenseits des Plagiats sensibilisieren. In drei aufeinanderfolgenden Blogbeiträgen gehen wir näher auf diese Massnahmen ein. Die Massnahmen beziehen sich vor allem auf die Strukturen an der PH Luzern, können aber leicht auch auf andere Hochschulen übertragen werden.

Fünf Plagiatspräventions-Massnahmen im Bereich der Organisation und Themenfindung von schriftlichen Arbeiten

Massnahme 1:
Quantitativ weniger Leistungsnachweise bzw. schriftliche Arbeiten einfordern, dafür mehr Zeit und Musse einräume, um an der Qualität zu arbeiten.
Bei der fachinternen Diskussion zur Konzeption, den Inhalten und Rahmenbedingungen eines Moduls sollen auch Form und Umfang schriftlicher Leistungsnachweise thematisiert werden. Innerhalb eines Fachs braucht es eine entsprechende Strategie zu Zahl, Art und Umfang von Leistungsnachweisen (siehe hierzu auch das immer noch aktuelle Dossier „Leistungsnachweise“ der Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik der Uni Zürich). Grundprinzip bei diesen Diskussionen sollte die Maxime sein „weniger ist mehr“. Gerade an Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen werden sehr viele (zu viele?) schriftliche Leistungsnachweise verlangt. Ob hier die Quantität auch die Qualität fördert, ist fraglich.
In fast allen Rückmeldungen zu den Problemfeldern beim Erstellen von schriftlichen Arbeiten spielt die Zeit eine zentrale Rolle: „Zu wenig Zeit“, „zu spät dran“, … Gemeinsam mit Fachkolleginnen und Fachkollegen sowie den Studierenden nach Wegen suchen, wie die Zeitproblematik entschärft werden kann. Zeit geben und sich Zeit nehmen, nur so ist die angestrebte fachliche Vertiefung beim Verfassen einer schriftlichen Arbeit möglich, denn oft ist es die schiere Fülle, welche die Studierenden zum Plagiat greifen lässt (siehe z.B. hier).

Massnahme 2:
Genügend Zeit aufwenden für die Themenfindung von Arbeiten, egal ob die Dozierenden oder die Studierenden die Themenwahl treffen. Bei einer Themenwahl durch die Studierenden, diese die Wahl schriftlich begründen lassen.
In der Themenwahl und der entsprechenden Fragestellung wird viel von der Art und auch der zukünftigen Qualität der schriftlichen Arbeit vorweggenommen. Wenn immer möglich Themen wählen, die einen Transfer verlangen: Anwendung einer Theorie auf ein Beispiel, Verknüpfen von zwei unterschiedlichen Ansätzen etc. Diese „Brücke“ ist ein wesentlicher Teil der Eigenleistung der Studierenden.

Massnahme 3:
Umso spezifischer die Themenstellung einer Arbeit, umso schwieriger ist es zu plagiieren.
Themen, die …
– sehr allgemein formuliert sind
– vor allem das Exzerpieren von Theorien beinhalten
– sich kaum von den Themen der Vorjahre unterscheiden
lösen am ehesten Plagiate aus (entspricht auch unserer internen Erfahrung an der PH Luzern).
Eher allgemein gehaltene Themenstellungen können durch regionale oder aktuelle Bezüge erweitert und individualisiert werden. Plagiiert wird gerade an den PHs mit der berufspraktischen Ausrichtung auch bei schriftlichen Unterrichtsvorbereitungen, Unterrichtsreflexionen, bei der Portfolioarbeit etc. Deshalb sollen auch hier möglichst spezifische Aufgabenstellungen verwendet werden. Plagiate sind auch kaum mehr möglich, wenn schriftliche Arbeiten durch spezifische Produkte (Handreichungen, individuelle Infografiken, Websites, persönlich kommentierte Literaturverzeichnisse etc.) angereichert, ergänzt oder zu grossen Teilen ersetzt werden.

Massnahme 4:
Themen mit einem forschenden, explorativen Ansatz wählen, um eine hinterfragende und kritische Grundhaltung der Studierenden zu fördern.
Wenn mittels einer forschenden Grundhaltung Fragen und Hypothesen erarbeitet werden müssen, können die Studierenden ihre schriftlichen Arbeiten nicht einfach aus Text-Exzerpten zusammenstückeln. „Richtige“ Forschungsarbeiten sind aufwendig. Aber schon Ansätze zum forschenden Lernen können plagiatsmindernd wirken. Achtung: Mit dem forschenden Ansatz nicht immer gleich grosse Umfragen verbinden (Aufwand, Belastung Umfeld). Es kann mit weniger Aufwand auch mit vorhandenem Material, mit Beobachtungen etc. gearbeitet werden.
Siehe auch: Lindow, I. & Shajek, A. (2016). Forschend Lernen in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In Merkt, M., Wetzel, Ch., Schaper, N. (2016). Professionalisierung der Hochschuldidaktik. (S. 29-37). Bielefeld: WBV.

Massnahme 5:
Mit organisatorischen Massnahmen den Anfangs-Schreibstau und die Aufschieberitis (Prokrastination) gar nicht aufkommen lassen.
Ein erstes Brainstorming wird durch die Studierenden wenn möglich gleich bei der Information zur schriftlichen Arbeit erstellt oder innert der ersten paar Tage nach der Aufgabenstellung eingefordert. Bereits in der Aufgabenstellung die schriftliche Arbeit etappieren und Meilensteine setzen (lassen). Schon früh Zwischenberichte und Teilergebnisse sowie erste Literaturlisten verlangen. Es können auch bereits in frühen Phasen obligatorische Peer-Rückmeldungen als Unterstützungselement eingebaut werden. Für viele der genannten Abläufe, Termine und Zwischenberichte können die hochschuleigenen Lernplattformen genutzt werden (an der PH Luzern das LMS Moodle). Diese eigenen sich hervorragend, um organisatorische Abläufe zu vereinfachen (Aufgabentool etc.)

Die dreiteilige Serie für Dozierende mit 15 Massnahmen zur Plagiatsprävention aus hochschuldidaktischer Perspektive bei der Konzipierung und Betreuung von schriftlichen Arbeiten:

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