Der Blick über den eigenen Gartenzaun – Resonanzraum Hochschule

Wir haben wieder einmal den Blick über den eigenen (Hochschuldidaktik-) Gartenzaun hinausschweifen lassen, zumal wir in unserem Blog auch die Kategorie „Um die Ecke denken“ führen. Auffällig oft trifft man dabei in den vergangenen Wochen auf den Namen Hartmut Rosa. Seine „Soziologie der Weltbeziehung“, in deren Zentrum Rosa unsere – zusehendes abnehmende – Resonanz mit „der Welt“ setzt, weist vielfach auch Bezüge zum Lehren und Lernen an unseren Hochschulen auf (Rosa, H. (2016). Resonanz. eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin: Suhrkamp). Seine zentrale These: Verdichtung, Beschleunigung, Verschulung, Modularisierung, Effizienzdruck behindern den Aufbau von Resonanz zur Welt als Basis eines „guten Lebens“.

Wie die Resonanz aus dem Leben der Studierenden zusehends verschwindet und wie sie wieder hergestellt werden könnte, darüber denkt Hartmut Rosa in einem Interview auf Zeit Campus unter dem Titel „Der Panzer auf der Brust der Studierenden“ nach. Drei hier zusammengefügte Ausschnitte aus dem Interview zeigen in aller Kürze auf, welche Ansprüche Rosa an unsere Hochschulen stellt:
„Universitäten sind Reflexionsinstanzen der Gesellschaft. Die Atemlosigkeit des wissenschaftlichen Betriebs existiert und betrifft Studierende und Lehrende. Ich denke, eine Gesellschaft, die glaubt, sich so eine Reflexionsinstanz nicht mehr leisten zu müssen, ist dem Untergang geweiht. Menschliche Lebensformen kennzeichnen sich auch dadurch, dass sie sich reflexiv weiterentwickeln, durch die Art und Weise, wie sie sich selbst interpretieren und verstehen. […] Die Realität ist vielleicht, dass die Universität zu einer Entfremdungszone wird. Ziel müsste es sein, die Universität zu einem Resonanzraum zu machen. Es ist ganz schwer, unter den gegenwärtigen Bedingungen, Resonanzoasen zu schaffen. […]  Ich glaube, Studieren gelingt nur dort, wo es gelingt, Resonanzverhältnisse aufzubauen.“

Der Hochschule diesen Resonanzraum zu erhalten oder zurückzugeben, das ist auch eine Aufgabe der Hochschuldidaktik. Und dies unbesehen davon, welche Schlüsse Hartmut Rosa gegen Ende seines Buchs aus seiner Analyse zieht. Die konstatierte Entfremdung der Studierenden von dem, was Gegenstand der Lehre ist, darf gerade an einer PH nicht überhand nehmen, denn es gehört zu Kernaufgaben der (künftigen) Lehrerinnen und Lehrer, ihre Schülerinnen und Schüler in Resonanz zu bringen zu all dem, was der weite Begriff „Welt“ beinhaltet.

Weitere Inputs zu Rosas Resonanztheorie finden sich u.a. auch in einem kürzlich erschienen NZZ-Interview. Und wer sich noch grundsätzlicher mit dem Thema „Zeit und Bildung“ auseinandersetzen will, der/dem sei die Ausgabe 1/2008 der von „DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung“ empfohlen welche exakt dieses Thema zum Titel hat (im PHLUnet im Volltext abrufbar hier).

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