Verwendung fremder Medien im Unterricht – Urheberrecht in der Hochschullehre

Der Einsatz fremder Materialien – Texte, Bilder, Filme etc. – im (Hoch-) Schulunterricht führt immer wieder zu Kontroversen. Kurze, trennscharfe und allgemeingültige Regelungen, wie das geltende Urheberrecht bei der Verwendung geschützter Materialien umzusetzen ist, gibt es schlichtweg nicht. Die Zusammenhänge sind (zu) komplex. Diese Komplexität hat unterschiedliche Ursachen.

  • Gesetzliche Regelungen gelten – trotz weltumspannendem Internet – nur bis zur Landesgrenze. Für Dozierende an Hochschulen, die hie und da auch grenzüberschreitend arbeiten, wird es damit bereits kompliziert, wenn sie im Ausland ein Referat halten, einen Workshop anbieten oder eine Weiterbildung (zum Beispiel via LMS) grenzüberschreitend anbieten.
    Wer sich im Internet über das Urheberrecht beim Einsatz geschützter Materialien informieren will muss also darauf achten, dass von Land zu Land unterschiedliche Regelungen gelten. Unten stehende Ausführungen beziehen sich somit auf Schweizer Verhältnisse.
  • Je nach Unterrichtssituation, in der fremde Materialien verwendet werden sollen, gelten in der Schweiz unterschiedliche enge Regelungen:- Wer Materialien nur im geschlossenen Rahmen einer Schulklasse verwendet – an der Hochschule entspricht dies der Studierendengruppe innerhalb eines Moduls – geniesst die grössten Freiheiten. Trotzdem dürfen auch hier nicht einfach fremde Werke in beliebigem Umfang kopiert, gescannt, … und an die Studierenden abgegeben werden. Erlaubt ist Einsatz von Textausschnitten aus Büchern, Zeitungen, und Zeitschriften, von (ganzen) Filmen, Videos und Tondokumenten. Allerdings laufen Dozierende durch den geschützten Raum, in dem die Materialien verwendet werden, weniger Gefahr, dass die grenzwertige Verwendung fremder Materialien sanktioniert wird. Trotzdem ist Vorsicht geboten. Im Zeitalter der Smartphones besteht das Risiko, dass geschützte Materialien schnell einmal Rahmen einer Modulgruppe verlassen. Und auch Modulteilnehmer/-innen in der Aus- und Weiterbildung müssen sich bewusst sein, dass in einem Modul möglicherweise urheberrechtlich geschützte Lernmaterialien verwendet werden, die ausserhalb des Moduls nicht beliebig weiterverwendet werden dürfen.- Mehr Restriktionen gibt es, wenn fremde Materialien im geschlossenen Rahmen einer ganzen (Hoch-) Schule auf internen Servern nicht nur einer bestimmten Lerngruppe, sondern allen Angehörigen der Institution zur Verfügung gestellt werden. Hochschulen bewirtschaften allerdings die meisten derartigen Materialien professionell und erwerben die dazu notwendigen Lizenzen. So profitieren die Angehörigen der PH Luzern im institutionsinternen Netzwerk vom Zugriff auf Zehntausende von entsprechend lizenzierten E-Medien, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind (recherchier- und abrufbar über iluplus.ch).

    – Werden fremde Lernmaterialien – z.B. via Web im Rahmen frei zugänglicher Module  – der Öffentlichkeit voll zugänglich gemacht, gelten die strengen Regeln des wissenschaftlichen Zitierens (eng beschränkter Umfang von Zitaten, vollständige Quellenangabe).

  • Beim Urheberrecht prallen die unterschiedlichsten Bedürfnisse aufeinander: Dazu gehören die (berechtigten) Anliegen der Autor/-innen, die Anliegen der Verwertungsgesellschaften (Pro Litteris, Suisa etc.), die Interessen der Verlage (die sich im Wissenschaftsbereich immer öfter dem Vorwurf übertriebener Gewinnmaximierung ausgesetzt sehen), die Bedürfnisse der Bildungsinstitutionen (Lehrende und Lernende) mit ihren knappen Mitteln, der anspruch der Copy/Paste-Generation (Urheberrecht? Nie gehört!), … Wichtig zu wissen für alle Lehrer/-innen und Dozent/-innen: Die Bildungsinstitutionen in der Schweiz zahlen den Verwertungsgesellschaften vertraglich geregelte Entschädigungen für die Nutzung von urheberechtlich geschützten Werken im Unterricht und erkaufen sich damit auch entsprechende Nutzungsrechte (siehe zweiter Spiegelpunkt).
  • Eine Reaktion im Hochschulbereich auf die hohe Komplexität und die Einschränkungen des Urheberrechts ist die OpenAccess-Bewegung (eine Definition von Open Access findet sich hier). Unter der Bezeichnung OER (Open Educational Resources) bieten Hochschulen immer mehr frei verwendbare Unterrichtsmaterialien an. Dahinter steckt die Idee, dass ja die Öffentlichkeit die Lehre an Hochschulen mit ihren Steuergeldern finanziert und die dabei entwickelten Materialien ohne Restriktionen öffentlich zugänglich sein sollten. Durch die Unterzeichnung der Berliner Erklärung hat sich auch die PH Luzern verpflichtet, OA und OER zu fördern.
  • Die fortschreitende Digitalisierung vereinfacht das Kopieren und Distribuieren von urheberrechtlich geschützten Materialien.  So kann ein technikaffiner Student problemlos eine Lehrveranstaltung via persönliches SmartPhone direkt ins Web übertragen. Die entsprechende Gesetzgebung hinkt aber solchen technischen Entwicklungen hintennach.

Für den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Materialien in der Lehre hat die PH Luzern ein internes Informationsblatt zusammengestellt (im HD-ABC hier abrufbar). Das Merkblatt versucht, den komplexen Sachverhalt stark vereinfacht auf einer A4-Seite darzustellen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Verwendung urheberrechtlich geschützter Materialien in der Lehre – trotz Entschädigungen und Lizenzen – einer Gratwanderung gleicht, weil insbesondere der Umfang der der verwendeten Materialien (Wie umfangreich darf ein „Werkausschnitt“ sein?) und der Einsatzbereich (Was ist eine „Klasse“?) je nach Perspektive unterschiedlich interpretiert werden.

Wer sich vertieft mit der Urheberrechtsthematik (Schwerpunkt Schweizer Verhältnisse) beim Einsatz von geschützten Materialien im Unterricht auseinander setzen will, findet entsprechende Informationen u.a. hier:

  • Die EDUCA hat 2009 einen Guide zum Thema „Das Urheberrecht im Bildungsbereich“ herausgegeben. Die integrierten Links wurden im Februar 2016 aktualisiert. Ergänzende Informationen finden sich auf der entsprechenden EDUCA-Website.
  • Spezifisch mit dem Urheberrecht bei Verwendung digitaler Inhalte in der Lehre setzt sich das im Projekt DICE von der Universität Genf und der Università della Svizzera italiana gemeinsam herausgegebene Handbuch „Das Urheberrecht im Kontext von Unterricht und Lehre“ auseinander. Ein Blick in dieses Handbuch lohnt sich nur schon deshalb, weil hier die Komplexität der Thematik deutlich sichtbar gemacht wird, andererseits aber praxisnahe Beispiele gute Alltagshilfen bieten.
  • Etwas knapper und verdichteter wird die Verwendung geschützter digitaler Medien in der Lehre im Leitfaden „Urheberrecht und digitale Medien“ der FHNW abgehandelt.
  • Die PH Thurgau hat hier – als OER! – einen empfehlenswerten und öffentlich zugänglichen Ilias-Kurs zum Urheberrecht im Bildungsbereich online gestellt, u.a. auch mit Tipps zu Werken mit CC-Lizenzen.
  • Hintergrundinfos zur Open Access und zur Berliner Erklärung finden sich hier.
  • Schweizer Lehrmittelverlage und der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV haben vor einiger Zeit die Kampagne „Fair kopieren“ lanciert. Natürlich sind diese Institutionen auch Interessenvertreter und bei Fragen im Graubereich eher restriktiv. Wer sich an die entsprechenden Verhaltensregeln hält, ist damit bestimmt auf der sicheren Seite.
  • Für die Verwendung von geschützten Werken in (Hoch-) Schulnetzwerken bezahlt im Fall der PH Luzern der Kanton Luzern der Schweizer Verwertungsgesellschaft Pro Litteris eine bestimmte Gebühr (pro Student/-in und Jahr immerhin ca. CHF 5.-). Wer sich zur Komplexität der entsprechenden Fragen eine Bild machen will, findet die Tarifbestimmungen hier und das dazugehörige Merkblatt (mit 24 Seiten!) hier.

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