Tornado

Stahlblauer Himmel. Ich glaube der Frühling kommt. Heute ist das Stück TORNADO für Standfeste ab 5 Jahren angesagt. Die Vorstellung findet im Tanzhaus Zürich statt. In einem grossen und behäbigen Gebäude an der Limmat beim unteren Letten trete ich in den hohen Saal. Die Tribüne ist gut gefüllt. Das Stück fängt an – es wird stockdunkel. Einige Kinder bekommen hörbar ein mulmiges Gefühl. Ein heftiger Wind in Dolby Surround umkreist uns alle. Dann wird es hell auf der Bühne.

 

Es ist ganz still. Zwei schlafende Menschen sind zu erkennen. Es sind zwei Frauen. Eine der Frauen sucht immer wieder eine bequeme Schlafstellung – kämpft mit der Schwerkraft und sucht nach einer Balance. Gespannt stellt man sich die Frage: Fällt sie gleich aus dem Bett oder nicht? Das Bett ist ein mit Stoff überzogener Schaumstoffquader. Weitere solche Quader in verschiedenen Grössen erinnern an Bauklötze aus dem Kinderzimmer und markieren die Wohnung und ein Büro. Wir lernen den Alltag der beiden weiblichen Figuren kennen. Die eine fährt mit dem Töff. Die andere geht ins Büro und muss Telefonieren und Dinge abmachen. Ein tänzerisches Schau-Spiel mit Musik und vielen Überraschungen entfaltet sich vor unseren Augen. Dazwischen erkundigt sich die eine immer wieder via Funkgerät über die neueste Entwicklung des Wetters. Zu ihrem Leben gehört ganz selbstverständlich, dass sie wieder und wieder die Verhaltensregeln durchgehen, welche zu befolgen sind, falls ein Tornado kommt.

 

Dann schlägt das Wetter um und ein Sturm wirbelt alles durcheinander und weht einen Fremden Mann an. Das Lebensgefüge der beiden Frauen gerät aus dem Gleichgewicht. Der Fremdling ordnet Dinge um und nimmt Platz für sich in Anspruch. Es muss ein neues Gleichgewicht gefunden werden. Immer steht die spannende Frage im Raum: Was passiert wohl als nächstes?

 

Schliesslich kommt der erwartete Tornado. Kein Stein bleibt auf dem andern. Endlich ist der Tornado vorbei, es kehrt gespenstige Ruhe ein. Man sucht und findet einander und ist froh um die gelernten Verhaltensregeln, welche über die ersten chaotischen Phasen der Katastrophe hinweghelfen. Dann beginnt der Wiederaufbau. Neue überraschende Raumsettings entstehen mithilfe der Bauklötze aus Schaumstoff. Auch Alltägliches wird neu erfunden. Überraschende und schräge Ideen werden vor unseren Augen umgesetzt und sichtbar.

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An diesem 6. März wurde ich von Andrea Boll/Bollwerk,von Nora Vonder Mühll und Stefan Colombo, beide vom Theater Sgaramusch mühelos in eine phantastische Bilderwelt und Klangwelt hineingezogen. Es ist eine Welt, in der nicht nur das Unheil gegenwärtig ist, sondern auch die positive Kraft der Kreativität, die Neues, Unbekanntes und Utopisches hervorbringt.

 

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