Die Weiterbildung für Lehrpersonen gewinnt an Profil

Der Weiterbildungsmarkt für Lehrpersonen differenziert sich aus und wird nationaler. Noch sind die Spiesse der Anbieter ungleich lang. Dennoch positionieren sich die Anbieter z.B. mit definierten Profilen.

Viele der lokal verankerten Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz bieten Weiterbildungskurse und Weiterbildungsstudiengänge (CAS, DAS, MAS) für Lehrpersonen an. Der sich in den letzten Jahren entwickelte Weiterbildungsmarkt für Lehrpersonen wird kompetitiver und nationaler. Noch agieren die Anbieter mit unterschiedlich langen Spiessen am Markt und wenig erkennbaren Qualitäten und Profilen. Weiterbildungen sind Vertrauensgüter, deren Qualität nur schwer vor, während – und auch unmittelbar nach – dem „Konsum“ beurteilt werden kann. Für die Qualitätsbeurteilung werden daher die Reputation der anbietenden Institution, der Dozierenden und Kursleitenden, Aussagen von Absolventinnen und Absolventen über die Weiterbildung oder eigene Erfahrungen mit der Institution oder den Dozierenden hinzugezogen.

Bildungsprofis, wie beispielsweise Lehrpersonen, orientieren sich aber auch am didaktischen Konzept, das hinter einer Weiterbildung steht. Weiterbildungsanbieter präsentieren ihre „Philosophie“ oder ihr didaktisches Konzept in sehr unterschiedlichem Detaillierungsgrad. So fasst eine Ostschweizer Weiterbildungsinstitution ihre didaktische Philosophie beispielsweise folgendermassen zusammen: „Praxisorientiertes Vermitteln von Kenntnissen und Fähigkeiten durch nebenberufliche Fachlehrkräfte sowie hohe Flexibilität und Aktualität der Ausbildungen haben bei der Unterrichtsgestaltung Priorität.“ Oder die PH Bern bietet ihre Weiterbildungslehrgänge mit dem Hinweis an: „Weiterbildungslehrgänge verbinden in allen Bereichen Theorie und Praxis unter Einbezug aktueller Forschungsergebnisse.“ Oder die PH Luzern beschreibt mit einem mehrdimensionalen „Produkteprofil“, wodurch sich die Weiterbildungskurse und Weiterbildungsstudiengänge auszeichnen.

Weiterbildungsangebote mit Profil

Weiterbildungsangebote mit einem a priori definierten Profil dienen nicht nur der Profilierung, sondern sind eine notwendige Voraussetzung der Qualitätssicherung. Ein definiertes Profil heisst aber auch, dass gewisse Weiterbildungen nicht angeboten werden und das Profil nicht alle potentiellen Kunden anspricht. Das Beispiel der PH Luzern zeigt, welche sieben Merkmale ihre Angebote kennzeichnen:

  • Transferorientierung
  • Relevanz und Aktualität
  • Mehrperspektivität
  • Heterogenität
  • Lernen als Erlebnis
  • Innovation
  • Dienstleistungsorientierung

Transferorientierung: Die Weiterbildungen sind so aufgebaut, dass sie den Prozess vom vermittelten Wissen zum kompetenten Handeln unterstützen und die berufsspezifischen Handlungskompetenzen gezielt fördern. Es werden beispielsweise der kooperative Erfahrungsaustausch, die Analyse von Praxisbeispielen, die Beobachtungsaufträge zur Reflexion der eigenen Praxis oder die Anleitung und Auswertung von Praxisforschungsprojekten genutzt, um Transferorientierung umzusetzen.

Relevanz und Aktualität: Die vermittelten Inhalte der Weiterbildungsangebote orientieren sich an den durch den Berufsalltag hervorgetretenen Bedürfnissen der Lehrpersonen resp. dem Bedarf aus Schul- und Unterrichtsentwicklung. Inhalte nehmen Bezug zu jüngeren Forschungsergebnissen, zur Schulentwicklungspolitik oder zu Lehrplänen und Schulentwicklungsprogrammen und widerspiegeln auch den laufenden pädagogischen Diskurs.

Mehrperspektivität: Die Auseinandersetzung mit einem Thema erfolgt in den Weiterbildungen unter Berücksichtigung verschiedener Theorien und Disziplinen sowie unterschiedlicher Sichtweisen von Schulpolitik, Schulleitung, Lehrperson, Lernenden und Eltern. Damit werden die Urteils- und Begründungsfähigkeit, die Reflexion und die Innovationsfähigkeit der Lehrpersonen bei Problemstellungen gestärkt. Rollenspiele werden beispielsweise ebenso eingesetzt wie kooperative Lernsituationen oder fachliche Streitgespräche, die die Mehrperspektivität fördern.

Heterogenität: Die Weiterbildungsangebote nutzen die Heterogenität der Teilnehmenden als Ressource und als wichtiges Gestaltungs- und Lehr-/Lernelement. Bei den Lerninhalten wird die Pädagogik der Vielfalt berücksichtigt. Es werden Instrumente des binnendifferenzierten Unterrichts eingesetzt und der eigene Umgang mit Heterogenität wird exemplarisch auf einer Metaebene reflektiert.

Lernen als Erlebnis: Weiterbildungen umfassen auch Lernsituationen, die handlungsorientiert und nicht alltäglich sind, Emotionen wecken, beeindrucken und in Erinnerung bleiben. Die Weiterbildungsangebote integrieren insbesondere das «aktive Experimentieren» und «konkrete Erfahrungen». Handlungsorientierter generativer Unterricht, Gruppendynamikaufgaben in konkreten Situationen und realen Aufgaben, Simulationen und Planspiele sind ebenso Möglichkeiten, Lernen zum Erlebnis zu machen, wie auch ausser(hoch)schulische Lernorte, Exkursionen, Studienreisen oder Praktika und Seitenwechsel.

Innovation: Innovationen sind kein Selbstzweck. Sie schaffen Weiterbildungsangebote mit höherer Wirkung, gesteigerter Effizienz und grösserer Attraktivität. Diese Vorteile gegenüber früherer Angebote sollen immer auch mit bestehenden Werten, Erfahrungen und Bedürfnissen kompatibel sein. Ansatzpunkte innovativer Weiterbildungen sind zukunftsweisende Inhalte, neue und neuartige Verbindungen bestehender Inhalte, Einsatz neuer Medien oder ungewohnte Unterrichtssettings.

Dienstleistungsorientierung: Die Dienstleistungsorientierung wird auf der Handlungsebene als Denkhaltung verstanden. Die Kunden- bzw. Lernendensicht wird eingenommen und die Kundenwünsche werden erfüllt, sofern diese im Zusammenhang mit Weiterbildungsanliegen und nicht im Widerspruch zu den angestrebten (Bildungs-)Zielen stehen. Die Dienstleistungsorientierung wird auch im Rahmen der Kursstrukturen, im Lern- und Unterrichtsklima, im Aufbau und Ablauf der Veranstaltung sowie im Auftritt und in der Kommunikation umgesetzt.

Diversifizierte Märkte zugunsten der Lehrpersonen

Mit zunehmender Reife des Weiterbildungsmarktes für Lehrpersonen werden die Angebote ausdifferenzierter in Qualität, Preis, Inhalt und Profil. Die Anbieter führen Qualitätslabel ein, reduzieren Strukturkosten, spezialisieren sich in einzelnen Themen und Inhalten und beginnen ihren Weiterbildungen ein erkennbares Profil zu geben. Diese Entwicklungen werden von den Lehrpersonen begrüsst, da sich ihre Entscheidungsgrundlagen wesentlich verbessern und sich die Suchkosten reduzieren.

Prof. Dr. Jürg H. Arpagaus, Prorektor, PH Luzern

 

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