Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien

Das Konzept des personalisierten Lernens

Was personalisiertes Lernen genau bedeutet, ist nicht immer klar und eindeutig definiert. Beim personalisierten Lernen handelt es sich um ein mehr oder weniger komplexes und mehrdimensionales Konzept, dass sich insbesondere an der Orientierung am jeweiligen Individuum und seinen Bedürfnissen ausrichtet. Im Idealfall ist Lernen ein selbstinitiierter und an den eigenen Interessen orientierter Prozess. Obwohl es keine einheitliche Definition gibt, nennen Holmes u.a.[1] einige gemeinsame Merkmale von personalisiertem Lernen:

  • Die Ziele, das heißt das Bestreben, das Engagement und die Leistungen der Schüler*innen zu fördern;
  • Die Differenzierung, das heißt das Bestreben, die individuellen Lernbedürfniss der Schüler*innen zu erfüllen;
  • Die Flexibilität, das heißt die Fähigkeit, sich an wechselnde Lernbedürfnisse der Schüler*innen anzupassen und
  • Variables Tempo, das heißt die Erkenntnis, dass Menschen unterschiedlich schnell vorankommen.

Ziel des personalisierten Lernens ist es, Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen, ihre persönlichen Ziele zu erreichen und die Fähigkeiten zu erlangen, die sie sich wünschen. Das Konzept des personalisierten Lernens bettet sich in Konzepte ein, welche die Frage nach der Steuerung von Lernprozessen stellen.

Durch die Anwendung personalisierter Lernkonzepte verändert sich einerseits die Rolle der Lehrpersonen, aber auch die Rolle der Schülerinnen und Schüler. Lehrpersonen müssen individuelle Lernziele mit den Schülerinnen und Schülern vereinbaren und ein Angebot an qualitätsvollen Aufgaben für personalisiertes Lernen schaffen. Die Lehrperson ist bei personalisierten Lernkonzepten nicht mehr primär Instrukteur, sondern viel mehr Lernprozessbegleiter. Die Schülerinnen und Schüler wiederum sind zunehmend selbst verantwortlich für die Steuerung ihrer Lernprozesse.


[1] Holmes, W., Anastopoulou S., Schaumburg, H. & Mavrikis, M. (2018). Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien. Ein roter Faden. Stuttgart: Robert Bosch Stiftung.


Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien: digitale Lernumgebungen

Sucht man nach einer Definition von digitalen Lernumgebungen kommt man auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Lehr- und Lernformen. So nutzt beispielsweise die Pädagogische Hochschule Luzern digitale Lernumgebungen, um für ihre Studierenden das Studium zu organisieren, Kursinhalte verfügbar zu machen oder Dokumente online bereitzustellen. Einzelne Fächer nutzen wiederum digitale Lernumgebungen um Lerninhalte interaktiv zu gestalten und zu vermitteln. Die Möglichkeiten der Individualisierung erweisen sich dabei als wichtiger Vorteil. Digitale Lernumgebungen bieten vielfache Differenzierungsmöglichkeiten und lassen sich deshalb ausgezeichnet individualisieren und auf die Bedürfnisse der Lernenden und ihre Interessen anpassen[1].

Die Differenzierung der Lerninhalte durch digitale Lernumgebungen erlaubt es den Lehrenden, Inhalte, Aktivitäten und die dafür notwendige Zeit nach unterschiedlichen Kriterien zu differenzieren und an die Lernenden anzupassen. Dies geht einher mit einer von der Lehrperson vorgenommen Auswahl an Lerninhalten aufgrund der individuellen Bedürfnisse der Lernenden. Die Individualisierung kann durch unterschiedliche und eigens dafür geschaffene digitale Lernumgebungen unterstützt und gefördert werden. Werden Differenzierungs- und Individualisierungsprozesse durch die Lehrperson vorgenommen und vorbreitet, so orientiert sich die Personalisierung an den Lernenden selbst. Unterrichtsziele, Methoden und Aktivitäten sollen durch die Lernenden nach ihren Bedürfnissen und Präferenzen ausgewählt und weiterverfolgt werden.

Die von digitalen Lernumgebungen zur Verfügung gestellten Möglichkeiten der Differenzierung, Individualisierung und Personalisierung sind keineswegs in sich geschlossene Prozesse, sondern müssen im Wechselspiel miteinander verstanden werden. Dies kann auch die Nutzung von verschiedenen digitalen Lernumgebungen einschliessen.


[1] Vgl. Pauli, C., Petko, D., Reusser, K., Schmid, R., & Stebler, R. (2017). Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien: Neue Potenziale zur Gestaltung schülerorientierter Lehr- und Lernumgebungen. Journal für Schulentwicklung, 21(3), 31-39.

 


Digital Human Rights:
Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien aus einer menschenrechtlichen Perspektive

Die Möglichkeiten des personalisierten Lernens mit digitalen Medien scheinen verlockend. Inhalte können individuelle zusammengestellt und erarbeitet werden, der persönliche Lernzuwachs steht im Fokus. Fragen der Differenzierung und Heterogenität können scheinbar mit dem Einsatz von digitalen Medien geklärt werden. Tatsächlich bieten digitale Lernumgebungen eine Reihe von ausgezeichneten Anwendungsmöglichkeiten. Aus menschenrechtlicher Perspektive stellen sich jedoch eine Vielzahl von bisher ungeklärten Fragen. Wie bei allen Aspekten der Digitalisierung ist die Frage der Privatsphäre der Nutzer*innen von grosser Bedeutung. Applikationen für digitale Lernumgebungen sind in der Lage, jeden Klick der Nutzer*innen zu speichern und auszuwerten. Für die Erstellung von Lerninhalten können moderne Lernapplikationen Informationen über den Stand der Ausbildung, dem individuellen Vorwissen und der verfügbaren Zeit auswerten und nutzen. So nutzt beispielsweise eine amerikanische Universität Informationen über den familiären Hintergrund und die finanzielle Situation ihrer Studierenden, um mit Hilfe einer Software die Entwicklung der Studienleistung vorherzusagen[1]. Diese Nutzung von digitalen Informationen für die Schaffung von digitalen Lerninhalten führt zu einer Vielzahl von ungeklärten Fragen nach Privatsphäre, Chancengleichheit und der eigenen Entscheidungsfähigkeit in digitalen Lernumgebungen. Diese Fragen müssen zwingend diskutiert und geklärt werden, um die Chancen des digitalen Lernens zu nutzen.


[1] Vgl. Stampfl, N. (2015): Personalisiertes Lernen: Big Data fördert Massenindividualisierung in der Bildungswelt. Abrufbar unter: https://berlinergazette.de/bildung-big-data-massenindividualisierung/.

 


Diskussionsforum und Materialien