Digitale Technologien und die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen

Möglichkeiten der Nutzung digitaler Technologien für die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen

Für Menschenrechtsorganisationen bieten digitale Technologien die Chance, zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern, sich weltweit zu vernetzen, ihre Öffentlichkeitsarbeit auszuweiten und Meinungsbildung zur vereinfachen. Die Vielzahl an unterschiedlichen digitalen Kanälen erlaubt es Menschenrechtsorganisationen (z.B. über Websites, Social Media oder Apps) die Öffentlichkeit besser und zielgerichteter zu informieren. Mit Onlinekampagnen können zudem mehr Menschen erreicht und aktiviert werden.

Digitale Technologien können für Menschenrechtsorganisationen zudem eine Hilfe sein, weil Menschenrechtsverletzungen damit besser untersucht werden können. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nutzt beispielsweise Satellitenbilder, um Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und zu dokumentieren. In den vergangenen Monaten haben Satellitenbilder eine Schlüsselrolle bei der Dokumentation von massiven Menschenrechtsverletzungen gespielt, wie etwa die Dokumentation der Zerstörung von Rohingya-Dörfern in Burma, der Angriffe auf Schulen in Syrien und der Luftangriffe in bevölkerten Stadtteilen von Mosul[1]. Der Einsatz von Vorher-Nachher-Bildern (z.B. von einem Rohingya-Dorf vor zwei Jahren und einem abgebrannten Rohnigya-Dorf heute) ist darüber hinaus sehr wirkungsvoll in Gesprächen mit Entscheidungsträgern. Durch den Gebrauch von Satellitenbildern werden Menschenrechtsverletzungen konkret und fassbar. Zudem sind sie eine gute Basis für Storytelling und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit

Bei Human Rights Watch kommen zudem auch Drohnen zur Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen zum Einsatz. Im Rahmen der Abfallkrise im Libanon nutzten sie beispielsweise Drohnen um Luftaufnahmen von Müllhalden und Abfallverbrennungen in der Nähe von Schulen zu machen.

Auch Amnesty International macht sich digitale Technologien zu Nutze um Menschenrechtsverletzungen aufzudecken und setzt ebenfalls Satellitenbilder ein. Mit Amnesty Decoders, einem globalen Netzwerk für digitale Aktivisten, wurden beispielsweise schockierende Umweltschäden im Nigerdelta ans Licht gebracht. Amnesty Decoders setzt auf Freiwillige, die der Organisation beim Sichten und Überprüfen von Bildern und Dokumenten hilft. Jeder, der mithelfen möchte, kann das Team von Amnesty Decoder unterstützen und an den laufenden Projekten mitarbeiten.

Digitale Technologien bieten also eine Reihe von Vorteilen und Möglichkeiten für Menschenrechtsorganisationen, insbesondere im Bereich der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen und zur Effizienzsteigerung der Öffentlichkeitsarbeit.


[1] Vgl. New Satellite Imagery Partnership. Planet Boosts Human Rights Watch Research Capacity, auf https://www.hrw.org/news/2017/11/30/new-satellite-imagery-partnership


Menschenrechtsverletzungen durch digitale Technologien und die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen und Human Rights Defenders

Im Jahr 2016 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eine Resolution verabschiedet, die bekräftigt, dass die gleichen Rechte, die Menschen offline haben, auch online geschützt werden müssen. Zum Beispiel ist das Recht auf Privatsphäre ein wichtiges Menschenrecht, welches auch online umgesetzt werden muss. Dennoch überwachen, manipulieren oder behindern Staaten weltweit immer noch die Offenheit des Internets. Viele Staaten setzen beispielsweise bei der Terrorbekämpfung auf verdachtsunabhängige Massenüberwachung, wodurch die private Kommunikation von Millionen von Menschen überwacht und ausgewertet wird. Die digitale Freiheit nimmt zudem immer weiter ab. Der Freedom on the Net Index 2017 zeigt, wie Staaten zum Beispiel soziale Medien in demokratischen Prozessen manipulieren oder wie Online-Aktivisten angegriffen werden und ihre Social Media Accounts deaktiviert werden. Diese Angriffe wirken sich direkt auf die Meinungsfreiheit aus[1].

Viele Human Rights Defenders (HRD) werden zudem durch das illegale Hacken ihrer Telefone und Computer unrechtmässig immer stärker überwacht. Digitale Technologien haben ausserdem noch weitere Schwachstellen für die Arbeit von Human Rights Defenders geschaffen. So können durch die Überwachung beispielsweise der Aufenthaltsort, die Netzwerke und Aktivitäten von HRDs aufgedeckt werden, in mehreren Fällen wurden HRDs auch Opfer von Phishing-Attacken. In Äthiopien beispielsweise wurden Regierungskritiker mit Spyware infiziert. Die Software konnte Bild- und Tonaufnahmen anfertigen, auf Dateien zugreifen und Tastatureingaben aufzeichnen.

Menschenrechtsorganisationen wie etwa Amnesty International nehmen eine wichtige Rolle bei der Aufklärungsfunktion gegenüber der Öffentlichkeit hinsichtlich der Online-Rechte ein und setzen sich zudem für den Schutz dieser Rechte ein. Im Bericht «Two years after Snowden: Protecting human rights in an age of mass surveillance» fordern Amnesty International und Privacy International dazu auf, dass die Regierungen akzeptieren müssen, dass Massenüberwachung nicht rechtmässig ist und ihre Politik entsprechend ändern müssen. In einem Sieben-Punkte-Plan rufen sie Regierungen, die Zivilgesellschaft, Technologen, ExpertInnen und Unternehmen dazu auf, Einschränkungen und Kontrollen für die Überwachung einzuführen, damit diese menschenrechtskonform und rechtmässig sind[2].


[1] vgl. Technology and Human Rights: Digital Freedom, auf https://www.business-humanrights.org/en/technology-and-human-rights-digital-freedom

[2] vgl. Zwei Jahre nach den Snowden-Enthüllungen. Regierungen halten an Massenüberwachung fest, auf https://www.amnesty.ch/de/themen/ueberwachung/edward-snowden/dok/2015/zwei-jahre-nach-den-snowden-enthuellungen-regierungen-halten-an-massenueberwachung-fest


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