Informations- und Meinungsfreiheit in Zeiten von Social Media

„You really can’t rely on anyone else to represent you

if you want to do it right.“

(Torkia 2017a)

Mithilfe des Internets und sozialen Netzwerken kann im Prinzip jede Person einzelne Medien produzieren und verbreiten. In einem Zeitalter, in dem wir förmlich überladen werden mit Informationen und medialen Eindrücken, ist die Gefahr gross, dass sich „Fakenews“ verbreiten. Im folgenden Beitrag möchte ich aber an einem Beispiel aufzeigen, wie soziale Netzwerke mit ihrer Möglichkeit zur Selbstdarstellung auch neue Türen öffnen und die Informations- und Meinungsfreiheit beeinflussen, sowie gegen Diskriminierungstendenzen wirken können.

Blogger und Vlogger teilen auf Facebook, YouTube, Instagram und Twitter ihre neusten Tipps zu Mode, Sport oder Ernährung und bieten tausenden Followern intime Einblicke in ihr Leben. Alleine auf YouTube werden täglich Videos mit einer Gesamtdauer von einer Milliarde Stunden abgespielt. Durch platzierte Werbung kann Bloggen auch wirtschaftlich attraktiv werden und kein schlechtes Einkommen erzielen.

Eine, die das erreicht hat, ist Dina Torkia. Ihr Turban, welcher anfangs rein als modisches Accessoire gedeutet werden könnte, macht ihre religiöse Identität als Muslimin öffentlich. Die Londonerin mit ägyptisch-englischen Wurzeln ist Teil der sogenannten Modesty-Bewegung, die sich für eine sittsame, religiös angemessene Mode einsetzt, um dem westlichen Trend des Exponierens etwas entgegen halten zu können. Über ihre Kanäle gibt die Hijabista (eine neue Wortbildung aus Hijab und Fashionista) Tipps, wie man sich als Muslimin auch mit der Mode aus H&M, Zara und Co. einkleiden kann. Dabei zeigt sie, dass islamkonforme Kleidung weder langweilig noch altmodisch sein muss. Dadurch ist sie ein Vorbild für viele junge, europäische Musliminnen, die manchmal das Gefühl haben, sich zwischen einer religiös angemessenen oder ihrer Kultur und ihrem Alter entsprechenden Kleidung entscheiden zu müssen.

 

https://www.instagram.com/p/BVTMLMRDVzI/?hl=de&taken-by=dina%20tokio

 

Noch immer stellen orientalisierende Stereotypen die muslimische Gemeinschaft als homogene, dem „Westen“ entgegengesetzte Gruppe dar (Mir 2014: 34). Oft erfahren Menschen in Staaten mit einer muslimischen Minderheit ihre islamische Identität als allüberschattendes Charakteristikum (Mir 2014: 44). Identitäten sind allerdings multidimensional und umfassen nicht nur religiöse, sondern z.B. auch ethnische, kulturelle, sexuelle, alters- und klassenspezifische Aspekte. Dies verdeutlicht sich auch an Dinas Begründung, warum sie mit dem Bloggen angefangen hat:

„I wanted to get out there and show what being a young British Muslim woman meant – because we’ve got the bants!“

(Torkia 2017b)

Sogar zum Islam konvertierten Europäerinnen wird oft eine heimische Identität abgesprochen (Özyürek 2015: 28). Dass es europäische Musliminnen gibt, die sich in ihrer kulturellen Identität stärker anderen Europäerinnen ähneln als Musliminnen in arabischen Staaten, wird oft verdrängt. Während also eine Vereinbarkeit von Europa und dem Islam ständig infrage gestellt wird, zeigen Bloggerinnen wie Dina, dass dies problemlos möglich ist und bereits längstens passiert. Werden Musliminnen in den Medien primär als unterdrückt, homogen und verschleiert in Niqabs und Abayas dargestellt, widersprechen Hijabistas dieser stereotypen Repräsentation und nehmen ihre Repräsentation einfach selber in die Hand. Bedenkt man, dass die Konsumation verzerrter Darstellungen tatsächlich auch zur Verstärkung stereotyper und rassistischer Vorurteile führt (Dixon 2017: 161), bemerkt man, wie wichtig es ist, solchen Bildern etwas entgegensteuern zu können. Über soziale Medien präsentieren Blogerinnen wie Dina ihre Identität als hybrid: eine, die weder stereotyp muslimisch, noch stereotyp europäisch ist.

„The British Muslim way of thinking“

(Torkia 2015)

 

https://www.instagram.com/p/BU70640j2f5/?taken-by=dinatokio&hl=de

 

Autorin: Sarah Suter

Der Blogbeitrag beruht auf der Bachelorarbeit, die Sarah Suter zum Thema verfasst hatte. 


Quellen:

  • Dixon, Travis L. 2017: Understanding How the Internet and Social Media Accelerate Racial Stereotyping and Social Division. The Socially Mediated Stereotyping Model. In: Rebecca Ann Lind (Hg.): Race and Gender in Electronic Media. Content, Context, Culture. New York: Routledge Taylor & Francis Group. S.161-178.
  • Mir, Shabana 2014: Muslim American Women on Campus. Undergraduate Social Life and Identity. Chapel Hill: The University of North Carolina Press.
  • Özyürek, Esra 2015: Being German, Becoming Muslim. Race, Religion, and Conversion in the New Europe. Princeton und Oxford: Princeton University Press.
  • Torkia, Dina 2015: HOW WE MET | OUR MARRIAGE STORY. In: YouTube. <https://www.youtube.com/watch?v=-boyI9_gse4>. 14:03-14:05min. 10.08.2017.
  • Torkia, Dina 2017a, zitiert nach Kristina Rodulfo: Why Over 150 Million Watch These Hijabi Beauty Influencers. In: Elle. <http://www.elle.com/beauty/a44241/hijabi-beauty-influencers/>. 10.08.2017.
  • Torkia, Dina 2017b: Dina zitiert nach Blogosphere Magazine. Issue 12. In: Twitter: <https://twitter.com/BlogosphereM/status/838796356345085953>. 10.08.2017.

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