Grenzräume

Am 30. November 2015 erscheint die neue Ausgabe des «weiter». In der Nr. 6 dreht sich alles um die Heterogenität und Integration in der Schule. Vorab einige Gedanken zum Eigenen und zum Fremden.

Grenzräume von Ursula Ulrich

Das Fremde und das Eigene. Kein Tag vergeht, ohne über drastische Weltgeschehnisse im Kontext genannter Begriffe in Kenntnis gesetzt zu werden. Wir können uns der Auseinandersetzung nicht mehr entziehen. Und dennoch liegt es nicht in unseren Möglichkeiten, das Räderwerk des Weltgeschehens anzuhalten. Doch vielleicht gelingt ein subtiles Mitwirken, wenn einzelne Rädchen im System im Rahmen unserer Tätigkeitsfelder unter einem anderen Aspekt gestärkt werden, indem das Fremde und das Eigene als inkorporierte Dualität im Sinne eines tragenden Elementes von Bildung gedacht wird.

Da sitzt ein Junge. Mitten im Raum, aber unbeteiligt. Schaut den Theater spielenden Kindern zu. Doch in Interaktion treten möchte oder kann er nicht. Fremdes Terrain. Unsicherheit. Spiel – den meisten Kindern vertraut, ist für ihn unerreichbar. Bis seine herausragende Fähigkeit, Comics zu zeichnen, via Desing-Tablet live zugeschalten wird und er das Spiel der anderen Kinder mit seinem Eigenen bereichern kann. Sein Eigenes im für ihn Fremden. Das Fremde im für die anderen Eigenen. Heterogenität als Potenzial.

Das Überwinden des Fremden im Eigenen ermöglicht als verinnerlichter Prozess eine Dynamik, welche für Erkenntnisgewinnung, für Neuentdeckungen, für Neugierde und Selbstbestimmung steht. Interessant hierfür scheint mir eine Differenzierung jenes Begriffes, der sich unmerklich zwischen das Eigene und das Fremde zu stellen scheint; die Grenze. Geografisch (und politisch) betrachtet eine Linie. Eine Trennung. Zweidimensional. Ein Versuch, Grenzen nicht als teilend und begrenzend zu definieren erweist sich als vielversprechend. Räumen wir ihm seine wirkliche, erfahrbare Dimension ein, so finden wir uns in Übergängen und Grenzbereichen wieder. Es entsteht Raum. Dreidimensionales Neuland, das Verhandlungsraum ermöglicht, welcher das Eigene (die Heimat , das Vertraute, das persönliche Potenzial) und das Fremde (zu entdeckendes Neuland) in Reibung zu versetzen und zu verbinden vermag. Es entsteht ein Bildungsraum, der neue Verhältnisse zwischen Eigenem und Fremdem schafft und somit zu neuen Sichtweisen, neuen Erfahrungen und Erkenntnissen in Verknüpfung mit vertrautem Eigenem führt. Bildung – verstanden als Wechselwirkung zwischen dem Fremden und dem Eigenen, um das Fremde im Eigenen und das Eigene im Fremden wirksam machen zu können.

Was ist das «Eigene» und was ist das «Fremde»?

Was ist das Eigene und was ist das Fremde?

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