Verbundpartnertagung 2018 und das Berufsbildungssystem als lernende Netzwerkorganisation

An der diesjährigen Verbundpartnertagung stand – neben dem für die Berufsbildung so wichtigen (informellen) Austausch zwischen den verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der Verbundpartner – die Konkretisierung des Programms zum Leitbild Berufsbildung 2030 im Zentrum. Eine Gruppe hat das «künftige» Berufsbildungssystem als eine offene und lernende Netzwerkorganisation beschrieben und rückt damit ab von dem starren Bild des Dreiecks OdA, Kanton und Bund.

Am 20. und 21. März 2018 haben sich rund 150 Personen in Bern zur Verbundpartnertagung getroffen, um sich gemeinsam mit wichtigen Themen der Berufsbildung auseinanderzusetzen. In diesem Jahr stand die Entwicklung von Projekten, die sich aus dem Programm zum Leitbild ableiten, im Zentrum der Tagung. Nach der Einbettung des Programms in die Entwicklung der Berufsbildung 2030 durch Rémy Hübschi des SBFI, folgten vier Inputreferate zu den vier priorisierten Schwerpunktthemen «Flexibilisierung der Bildungsangebote», «Stärkung von Information und Beratung über die gesamte Bildungs- und Arbeitslaufbahn», «Optimierung der Governance und Stärkung der Verbundpartnerschaft» sowie «Ausrichtung der Berufsbildung auf das Lebenslange Lernen». Die Inputreferate aus der Wissenschaft gaben den Anstoss, später in Gruppen einzelne Themen vertieft zu bearbeiten. Weiterlesen

Sind Basisausbildungen die neuen Berufsfachschulen?

Das schweizerische Berufsbildungssystem hat eine lange und erfolgreiche Tradition. Durch eine qualitativ hochwertige Ausbildung versorgt es die Wirtschaft seit vielen Jahrzehnten mit Nachwuchskräften. Spätestens seit dem Inkrafttreten des neuen Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2004 ist die berufliche Grundbildung von drei Lernorten geprägt. Neben den Betrieben und Berufsfachschulen wurden die sogenannten Einführungskurse, die sich in handwerklichen Berufen längst bewährt haben, als überbetriebliche Kurse für alle beruflichen Grundausbildungen gesetzlich verpflichtend eingeführt. Ganz im Sinne der ehemaligen Einführungskurse sind heute in manchen Berufen Basisausbildungen üblich. In diesen Ausbildungen können die Lernenden ihre Grundkenntnisse innerhalb von ein bis zwei Jahren in einem geschützten Rahmen entwickeln. Viel Zeit also, um die vom Arbeitsmarkt geforderten beruflichen Grundlagen aufzubauen und damit die Daseinsberechtigung des berufskundlichen Unterrichts in Frage zu stellen.

Berufskundlicher Unterricht unter Druck?

Aufgabe der Berufsfachschulen ist es, die theoretischen Grundlagen zur Berufsausübung sowie Allgemeinbildung zu vermitteln (Art. 21, BBG, 2002). In den meisten beruflichen Grundausbildungen der Schweiz ist der Berufsfachschulunterricht deshalb in einen berufskundlichen und einen allgemeinbildenden Teil gegliedert. Während im öffentlichen Diskurs häufig über die Notwendigkeit des allgemeinbildenden Unterrichts gestritten wird, bleibt der berufskundliche Unterricht vielfach unangetastet. Gleichzeitig beklagen gerade die innovativeren Betriebe immer mehr, dass die Berufsfachschulen mit der grossen Dynamik des Arbeitsmarktes nicht Schritt halten und Inhalte vermitteln, die in der Wirtschaft nicht mehr gefragt werden. So bringt ein Berufsbildungsverantwortlicher eines Schweizer Grossunternehmens auf den Punkt, was in mehreren Interviews zum Ausdruck kam: «Wir sehen die Schule als notwendiges Übel, weil die Lerninhalte längst nicht mehr aktuell sind». Betriebe verlieren deshalb auch immer mehr die Bereitschaft, ihre Lernenden bis zu zwei Tage die Woche in die Berufsfachschule zu schicken und erhöhen damit den Druck auf die Schulen. In Zeiten des allgemeinen Kostendrucks vieler Kantone und den damit einhergehenden Ressourceneinsparungen, fehlt vielen Berufsfachschulen ein wirkungsvoller Weg, um der Dynamik des Arbeitsmarktes gerecht zu werden. Weiterlesen