Erweiterte Allgemeinbildung mit mehr Berufspraxisbezug – oder wenn Elektroingenieure Mathematik unterrichten

Seit dem 1. Mai 2015 werden die fachlichen Qualifikationen von Personen für Fächer der Berufsmaturität dahingehend geöffnet, dass beispielweise auch Personen mit einem Studium mit angewandter Mathematik als Mathematiklehrperson an Berufsfachschulen zugelassen sind. Damit wertet das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) die Andersartigkeit des Weges der Berufsbildung auf und eröffnet auch IngenieurInnen Mathematik an Berufsmittelschulen zu unterrichten.

Ausbildungen an Fachhochschulen und Universitäten sollen gleichwertig  aber andersartig sein. Andersartig auch hinsichtlich der Regelzulassung: An den Universitäten wird eine gymnasiale Maturität vorausgesetzt; an den Fachhochschulen eine berufliche Grundausbildung mit einer Berufsmaturität.Und wer bildet die jungen Leute auf der Sekundarstufe II aus? Die Lehrpersonen an den Gymnasien haben die Disziplin, die sie unterrichten, an einer Universität studiert und zusätzlich, beispielsweise an einer Pädagogischen Hochschule berufsbegleitend das Lehrdiplom für Maturitätsschulen im Umfang von 1‘800 Lernstunden erlangt. Für die Lehrpersonen der Berufsbildung auf der Sekundarstufe II gibt es verschiedene Wege und sehr differenzierte Anforderungen.

Lehrkräfte in der Berufsbildung Sekundarstufe II

Das Berufsbildungsgesetz (BBG bzw. BBV) unterscheidet im Wesentlichen drei Typen von Lehrpersonen in der Berufsbildung auf Sekundarstufe II: Lehrpersonen für die berufskundliche Bildung, für den allgemeinbildenden Unterricht sowie für die Fächer der Berufsmaturität, d.h. der erweiterten Allgemeinbildung. Die Berufsfachschullehrpersonen für die berufskundliche Bildung besitzen in ihrem Fachbereich einen Abschluss der höheren Berufsbildung oder einer Hochschule, eine berufspädagogische Bildung im Umfang von 1‘800 Lernstunden (vgl. Dipl. Berufsfachschullehrer/in) sowie praktische Erfahrung in ihrem Berufsfeld. Die Vermittlung der theoretischen Grundlagen zur Berufsausübung soll in der beruflichen Grundbildung einerseits auf eigener berufspraktischer Erfahrung fussen und anderseits über den kompetenzorientierten Unterricht erfolgen. Die Lehrpersonen des berufskundlichen Unterrichts sind für den theoretisch-fachlichen Teil der Berufsqualifizierung zuständig.

Berufspraktische Erfahrung gewinnt an Wert

Der aktualisierte Leitfaden „Qualifikation von Lehrpersonen für Fächer der Berufsmaturität“ vom 1. Mai 2015 hat für die Fächer der Berufsmaturität (vgl. Berufsmaturitätsverordnung vom 24. Juni 2009) die fachliche Qualifikation neu umschrieben und eine Hilfestellung bei der inhaltlichen Prüfung der fachlichen Qualifikation gegeben. Die Hilfestellung kann dahingehend interpretiert werden, dass neu Personen mit mehr praktischer Berufserfahrung die Möglichkeit haben, in den Fächern der Berufsmaturität zu unterrichten. So kann beispielsweise eine Person mit einer beruflichen Grundbildung, Berufsmaturität und einem Abschluss in Elektrotechnik (Dipl. El. Ing. FH oder BSc in Elektrotechnik FH) nach einer berufspädagogischen Qualifikation an einer Berufsmittelschule Mathematik unterrichten. Mit dieser Öffnung des Zugangs zur Lehrtätigkeit an Berufsmittelschulen hat das SBFI die Andersartigkeit der Berufsbildung weiter gestärkt und konsequent auch die Berufsmaturität mit der Berufspraxis ausgerichtet.

Prof. Dr. Jürg H. Arpagaus, Prorektor, PH Luzern

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