Neue Gestaltungsfelder in Weiterbildungsstudiengängen durch Hybridisierung

Die Digitalisierung hat an der PH Luzern seit längerem Einzug gefunden. So sind zum Beispiel seit mehreren Jahren alle Studiengänge zentral über ein digitales Learning-Management-System (Moodle) aufgebaut, was zur Folge hat, dass sowohl die Teilnehmenden wie auch die Dozierenden den Computer beinahe selbstverständlich als primäres Arbeitsmittel einsetzen. Ebenfalls sind Weiterbildungsangebot entstanden, welche die digitalen Medien nicht bloss als Werkzeug einsetzen, sondern die Digitalisierung als Thema selbst aufgreifen (z.B. CAS ICT BB, CAS MIL, CAS MIM).

Neue Perspektive auf die Digitalisierung

Aktuell geben die gesammelten Erfahrungen aus den Konsequenzen der Corona-Pandemie diversen Digitalisierung-Initiativen weiteren Schub, wie am Beispiel des entstandenen Konzeptes der Hybridisierung der Weiterbildungsstudiengängen zu erkennen ist. Bemerkenswert dabei ist, dass dieses Konzept nicht mehr ein Digitalisierungs-Paradigma ins Zentrum stellt, welches einen Wechsel vom Analogen hin zum Digitalen fordert.

Die Digitalisierung soll eher als fruchtbaren Kontext betrachtet werden, in welchem sich die Teilnehmenden und Dozierenden ständig bewegen und ein andragogisches Lernen ermöglicht und fördert. Zentral ist dabei nicht das Lehren und Lernen möglichst digital zu gestalten, sondern das Lehren und Lernen auf die Anforderungen und Bedürfnisse einer digitalisierten Lebenswelt an zu passen.

Erweitere Dimensionen

Unter diesen Anforderungen wurden die Lehr- und Lernarrangements der Studiengänge mit den Fragen «Wann und in welchen Räumen sollen die Studiengangsteilnehmenden lernen?» weiterentwickelt, wie im Folgenden am Beispiel des CAS Medien und Informatik Mentor/-in aufgezeigt wird. Es werden zuerst die zwei Dimensionen «vor Ort – virtueller Raum», sowie «synchron – asynchron » aufgezeigt und anschliessend zentrale Lehr- und Lernarrangements skizziert.

synchron und asynchron 

Als synchrone Lernaktivitäten werden all diejenigen Lehr- und Lernarrangements bezeichnet, in welchen die Kursgruppe zur gleichen Zeit im gleichen Themenfeld arbeitet. Diese Lernprozesse zeichnen sich aus durch eine hohe Strukturierung, welche üblicherweise von den Dozierenden, oder aber auch teilweise von den Teilnehmenden selbst, gestaltet werden. Im Zentrum von synchronen Lernveranstaltungen können kooperative Lernformen stehen, damit die Anwesenden möglichst viel voneinander profitieren können.

Hingegen bestimmen bei asynchronen Lernaktivitäten die Teilnehmenden selbst, wann sie sich mit den Inhalten und Aufgaben des Studienganges auseinandersetzen. Dementsprechend bieten asynchrone Lernaktivitäten die Möglichkeit eine hohe Individualisierung zu erreichen, zum Beispiel in dem die Teilnehmenden interessengeleitet Projektarbeiten umsetzen.

vor Ort und im virtuellen Raum

Auf der zweiten Achse lassen sich die Lernaktivitäten aufgleisen zwischen virtuell und vor Ort. Wenn die Teilnehmenden vor Ort an der PH Luzern zu Gast sind, sollen sie die Hochschule als inspirierenden Lernort wahrnehmen, welcher zum Verweilen und Entdecken einlädt. Dieser bietet Gelegenheiten für soziales Lernen und für den Aufbau und Pflege von Beziehungen zu anderen Teilnehmenden oder Dozierenden.

Im Vergleich dazu bieten die virtuellen, digitalen Räume die Chance die Teilnehmenden spontan, flexibel und pragmatisch zu vernetzen. Soziale Netzwerke, digitale Austauschplattformen und virtuelle Meetings bieten sich für einen zügigen, effektiven Austausch an. Der virtuelle Raum kann zudem mit reichhaltigen Medien (z.B. Simulationen, virtuelle Welten) angereichert werden, welche ausschliesslich in einem digitalen Raum funktionieren.

Die vier Gestaltungsfelder

Werden die zwei Dimensionen nun übereinandergelegt, entstehen vier Gestaltungsfelder, welche mit Lehr- und Lernarrangements bespielt werden können. Aufgezeigt werden kann dies am Beispiel des CAS Medien und Informatik Mentor/-in, welcher mit einer grossen Vielfalt von Lern- und Lehrarrangements aufwartet.

Die vier Gestaltungsfelder am Beispiel des CAS Medien und Informatik Mentor/-in

Gestaltungsfeld 1: Synchron, vor Ort

Präsenzveranstaltungen haben sich aus gutem Grund in der Hochschullehre etabliert. Denn sie dienen als zentrale Drehscheibe für die Studiengänge, welche dazu genutzt wird um mit den Teilnehmenden fokussiert und effizient ein gemeinsames Verständnis der Inhalte zu erarbeiten. Kooperative Lernformen erlauben neben einem Wissensaufbau auch die kritische Auseinandersetzung von eigenen und fremden Haltungen, welche einen wichtigen Teil von Lehrpersonenkompetenzen ausmachen. Präsenzveranstaltungen werden deshalb auch in Zukunft von grosser Bedeutung sein. Die Wirksamkeit von synchronen Veranstaltungen vor Ort kann gesteigert werden, wenn deren Vorteile und Stärken noch akzentuierter gestaltet werden und gleichzeitig wenig wirkungsvolle Lehrarrangements, z.B. ausgedehnte frontale Vorlesungen, zumindest teilweise in den virtuellen Raum ausgelagert werden.

Lehr-, Lernarrangements im CAS MIM:

  • fokussierte fachliche Inputs
  • Gruppendiskussionen und Erfahrungsaustausch
  • Gruppenarbeiten, wie zum Beispiel Design Thinking Sessions

Gestaltungsfeld 2: Synchron, im virtuellen Raum

Als im Zuge des Präsenzveranstaltungsverbots zahlreiche Lehrende gezwungen wurden, ihre Veranstaltungen online durchzuführen, haben vermutlich viele festgestellt, dass Erfolgsrezepte von synchronen Veranstaltungen vor Ort nur teilweise Gültigkeit im virtuellen Raum haben. Beispielsweise erfordern Diskussionen mit grösseren Gruppen im virtuellen Raum andere Methoden, da durch die eingeschränkte visuelle und auditive Wahrnehmung des Gegenübers ein natürlicher Gesprächsverlauf gestört wird. Auch stösst es bei Kursteilnehmenden auf wenig Verständnis, wenn sie zu einer vorgeschriebenen Zeit an einem virtuellen Anlass teilnehmen müssen, welcher keine Möglichkeiten zur Interaktion bietet. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung und ein Rezipieren zu einem späteren Zeitpunkt wäre effizienter und effektiver.

Synchrone virtuelle Veranstaltungen haben jedoch ein grosses Potential, sofern den Teilnehmenden die Möglichkeit geboten wird, eine aktive Rolle einzunehmen und mit den Lerninhalten, sowie den anderen Anwesenden interagieren zu können. Ähnlich wie vor Ort profitieren auch virtuelle, synchrone Veranstaltungen davon, wenn sie gut strukturiert und angeleitet werden.

Im CAS MIM finden unter diesen Bedingungen regelmässig Barcamps statt. In diesen freiwilligen virtuellen Treffen können die Teilnehmenden vorab Themen eingeben, welche sie besprechen möchten. Durch die Kursleitung werden dann anschliessend kleinere Gruppen gebildet, welche in sogenannten Sessions die jeweiligen Themen besprechen. Auch in den Mirco-Kursen ist nach einem kurzen fachlichen Input einer Fachperson, in welchem die Teilnehmenden eher eine passive Rolle einnehmen, die anschliessende gemeinsame Diskussion wesentlich höher gewichtet.

Lehr-, Lernarrangements im CAS MIM:

  • Virtuelle Barcamps
  • Micro-Kurse (30min fachlicher Input von Experten, 60min Diskussion)

Gestaltungsfeld 3: Asynchron, im virtuellen Raum

Mit spannenden und relevanten Lerngegenständen, zum Beispiel einem Lernvideo, werden die Teilnehmenden angeregt, ihren Lernprozess selbstständig und individualisiert zu gestalten. Das asynchrone Setting erlaubt grosse Flexibilität, da die Auseinandersetzung mit den Themen Ort- und Zeitunabhängig geschehen kann. Asynchron bedeutet in diesem Falle nicht zwingend, dass die Teilnehmenden alleine lernen, da sie nach wie vor über asynchrone Kommunikationskanäle (z.B. Soziale Netzwerke) vernetzt sind.

Lehr- und Lernarrangements im CAS MIM:

  • Lernvideos (von Teilnehmenden oder Dozierenden)
  • Digitale Portfolioarbeit
  • Vernetzung und Austausch über Social Media (MS Teams)

Gestaltungsfeld 4: Asynchron, vor Ort

Abgesehen von der öffentlich zugänglichen Bibliothek war es bisher unüblich, dass Weiterbildungsteilnehmende selbstständig und zeitversetzt an der Hochschule lernten. Mit dem Projekt „Digital Space“ entsteht im UP Gebäude PH Luzern im Raum 2.B13 eine Lernumgebung, welche für alle Teilnehmende von Weiterbildungsstudiengängen frei zugänglich wird. Der Raum bietet einerseits mit diversen digitalen Phänomenen Inspiration und Wissen für neue Projekte und kann andererseits als Arbeits- und Lernraum genutzt werden. Es entsteht ein Raum, in welchem die Themen der Studiengänge sicht- und fassbar werden. Die Einrichtung lädt dazu ein, kreative und produktive Gruppenarbeiten in einem inspirierenden Setting anzugehen.

Lehr- und Lernarrangements im CAS MIM:

  • Digital Space (ab Sommer 2021)

Ausblick

Aus dem Hybridisierungskonzept ist ein vielseitiges und interessantes Weiterbildungsangebot entstanden, weil es gelungen ist den Fokus auf die synchronen Präsenzveranstaltungen von Ort zu lösen und eine vielseitige und attraktive Lernumgebung zu gestalten, welche über das bisherige Gestaltungsfeld „synchron-vor Ort“ hinauswuchs. Auch wenn bereits vor der Hybridisierung in diversen Studiengängen Elemente auf beiden Achsen gestaltet wurden, kann am Beispiel des CAS MIM erkannt werden, dass die Möglichkeiten eines digitalisierten Kontexts nun bewusst und strukturiert genutzt werden. Selbst wenn die Pandemie in (hoffentlich) absehbarer Zeit wieder Veranstaltungen erlaubt, wie sie vor der Pandemie üblich waren, werden alle vier Gestaltungsfelder in Zukunft weiterentwickelt werden.

Weitere Informationen zum Studiengang CAS Medien und Informatik Mentor/-in finden Sie hier: phlu.ch/cas-mim

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