Weiterbildung, eine Oase des fachlichen Austausches

Weiterbildungskurse gehören zum Lehrberuf und sind fester Bestandteil im jährlichen Lehr- und Lernprogramm von Lehrpersonen. Die Weiterbildungskurse sind heute nicht nur Orte des Wissens- und Kompetenzerwerbs, sie sind zunehmend auch Plattform des fachlichen Austauschs unter Lehrpersonen verschiedener Schulen.

Lehrpersonen haben das – oft gesetzlich verankerte – Recht und die Pflicht, sich weiterzubilden. Ein Grossteil dieser Weiterbildung findet in Kursen statt, die zwischen einem und fünf Tagen dauern. Diese Weiterbildungskurse werden von den Lehrpersonen rege genutzt. Ich stelle in diesen Kursen zunehmend fest, dass Lehrpersonen die Weiterbildungskurse auch dazu nutzen, um ihre persönliche Situation, ihren Fall, ihre Fragestellung aus dem Schulalltag einzubringen, zu diskutieren, zu reflektieren und konkrete Antworten und Hilfestellungen abzuholen.

Bedarf an schulspezifischen Kompetenzen

Schulen und Unterricht sind wie alle anderen Institutionen einem steten Wandel unterworfen. Die Zyklen der Veränderungen verkürzen und die Auswirkungen auf die Schulen und den Unterricht verstärken sich. Damit steigt auch der Bedarf an der laufenden Weiterentwicklung der Lehrpersonen und Schulleitungen, die fest mit dem „Einzelfall“ in der eigenen Schule verknüpft sind. Lehrpersonen haben in ihrem Arbeitsalltag jedoch kaum mehr „freie“ Zeit für den fachlichen Austausch innerhalb des Kollegiums. Aufgaben und spezifische Entwicklungsprojekte absorbieren die Lehrpersonen und begrenzen den Raum für den ungezwungenen und explorativen fachlichen Austausch. Deshalb, so vermute ich, nutzen die Lehrpersonen die Weiterbildungen auch als Oase des fachlichen Austauschs ausserhalb ihrer Schule, um ihre schul- und unterrichtsspezifischen Kompetenzen auszubauen.

Von diversen Feedbacks lernen

Die Lehrprofession hat sich von einem Einzelkämpfertum zur verstärkten Teamarbeit entwickelt. Das offene Schulzimmer, wo Kolleginnen und Kollegen ein- und ausgehen, sei es als Sonderpädagoge, als Schulsozialarbeiter oder als Mentor/in wird zunehmend praktiziert. Kooperative Lehr- und Lernformen im Kollegium gehören heute vielerorts zum Schulalltag und werden durch entsprechende Weiterbildungen auch gefördert (z.B. CAS Kooperative Schulführung). Lehrpersonen sind heute als Teamplayer auf Rückmeldungen ihrer Schüler/innen, Kollegen/Kolleginnen und Vorgesetzten angewiesen. Die Weiterbildungskurse bieten den Lehrpersonen nun auch die Möglichkeit, Rückmeldungen von Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen und Einschätzungen aus einer mehr theoretischen Perspektive der Dozierenden zu erhalten.

Weiterbildung setzt auf die Erfahrungen der Teilnehmenden

Auch die Formate der Weiterbildungskurse verändern sich. Die Weiterbildungskurse sind heute oft so angelegt, dass die heterogenen Erfahrungen und das Wissen der Teilnehmenden ein fester Bestandteil der Weiterbildungen sind. Die Dozierenden führen in das Thema ein, stimulieren und moderieren die Diskussion und bringen, wo immer möglich, wissenschaftliche Theorien, Begründungswissen und weitere Perspektiven ein und fassen die theoretischen und empirischen Erkenntnisse am Ende zusammen. Es steht nicht mehr die pure Wissensvermittlung im Vordergrund der Weiterbildung, sondern die Kompetenzentwicklung entlang aktueller und konkreter Fälle, welche die Teilnehmenden in die Weiterbildung einbringen.

Wo auch immer die wahren Gründe des Bedürfnisses nach dem Einbringen der eigenen Fragestellung liegen mögen, für die Dozierenden der Weiterbildungen heisst das, Raum für dieses Bedürfnis zu schaffen, induktiv die Einzelphänomene mit den entsprechenden Theorien zu verknüpfen und verstärkt als Lerncoach in der Weiterbildung tätig zu sein. Der schwierigste Teil für uns Dozierende ist aber, sich von der Vorstellung, als Moderator/in zu wenig geboten zu haben, zu verabschieden.

Prof. Dr. Jürg H. Arpagaus, Prorektor, PH Luzern

Ein Kommentar zu “Weiterbildung, eine Oase des fachlichen Austausches

  1. Ich kann aus eigener Erfahrung als Teilnehmer von Fortbildungen nur bestätigen, dass der größte Gewinn auf Fortbildungen oft aus den Gesprächen mit anderen Teilnehmern, dem fachlichen Austausch, kommt, nicht aus der Fortbildung selbst. Den Teilnehmern Raum geben, ist auf jeden Fall notwendig.

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