Zusammenarbeit von Lehrpersonen in Schulen – ein „must“?

Jede Lehrperson ist Mitglied mindestens eines Teams oder einer Arbeitsgruppe der Schule (Unterrichtsteam, Stufengruppe, Steuergruppe, Fachteam, …) und kennt Zusammenarbeit im Schulalltag aus eigener Erfahrung. Zusammenarbeit gilt heute als Arbeitsplatzbedingung in Schulen und trägt erwiesenermassen zur Unterrichtsentwicklung bei. Was macht denn Zusammenarbeit aus? Und wie wird sie an Schulen praktiziert?

Frau G. und Frau W., beide Sekundarlehrerinnen an der Sekundarschule in O., sind ein eingespieltes Team und pflegen eine bereichernde Zusammenarbeit. Bereits in der gemeinsamen Jahresplanung für ihre beiden Deutschklassen legen sie Themen, Lernziele, Anforderungen, Lernhilfen und Unterrichtsdurchführung fest. Jeweils eine der beiden übernimmt die Hauptverantwortung für die Organisation und Ausarbeitung eines Themas, beide steuern jedoch ihre Ideen und Materialien bei. Kürzlich haben sie eine Unterrichtseinheit zum Thema Poetry Slam erarbeitet und durchgeführt. Beim gemeinsamen Start mit beiden Klassen wurden zwei aktive Poetry Slam Dichter eingeladen. Die anschliessende Erarbeitung eines eigenen Poetry Slams durch die Schülerinnen und Schüler erfolgte dann innerhalb der Klasse. Die Leistungen beurteilten die beiden Lehrerinnen wiederum gemeinsam anhand eines Kriterienrasters und konnten so ihre Erwartungen und Bewertungen gegenseitig kritisch überprüfen und abgleichen. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit!

Ist Zusammenarbeit ein must?

Die Schuleffektivitätsforschung zeigt deutliche Resultate: Schulen mit gelingender Zusammenarbeit sind erfolgreiche Schulen, d.h. der schulische Erfolg der Schülerinnen und Schüler ist höher als bei Schulen mit weniger erfolgreicher Zusammenarbeit. Zudem wirkt sich erfolgreiche Zusammenarbeit auf die wahrgenommenen kollektiven Ressourcen des Kollegiums und auf das Arbeitsklima im Kollegium aus.

Zusammenarbeit wird auch im Berufsauftrag für die Lehrpersonen gefordert ist und ist heute eine Arbeitsplatzbedingung, denn die heutigen Anforderungen an die Schulen (z.B. Integration, neuer Lehrplan, etc.) erfordern gemeinsame Ziele und ein abgesprochenes Vorgehen der involvierten Lehr- und Fachpersonen. Es ist deshalb sehr hilfreich, sich Wissen über Gelingensfaktoren von Zusammenarbeit und über gruppendynamische Aspekte anzueignen (vgl. CAS Zusammenarbeit & Moderation).

Was bedeutet Zusammenarbeit im Kontext der Schule?

Zusammenarbeit ist geprägt von einer bewussten und planvollen Herangehensweise und beruht auf Prozessen der gegenseitigen Abstimmung. Es können grob drei Formen von Zusammenarbeit unterschieden werden: a) Austausch, b) gemeinsame (arbeitsteilige) Planung der Arbeit und c) ko-konstruktive Kooperation. Diese drei Formen unterscheiden sich bezüglich ihrer Ziele und Anforderungen. So braucht es für den Austausch von Materialien oder Ideen weder gemeinsame Ziele noch gemeinsames Handeln. Wird arbeitsteilig geplant und vorbereitet, müssen Ziele abgesprochen werden und die Qualität von Materialien, welche von anderen Lehrpersonen zur Verfügung gestellt werden, muss akzeptiert werden. Bei der ko-konstruktiven Kooperation müssen Lernziele und Vorgehensweisen geklärt, Sichtweisen zusammengeführt und abgeglichen und Erwartungen an die Schüler/innen gemeinsam formuliert werden. Diese Form der Zusammenarbeit auf höchstem Niveau bedeutet eine gemeinsam getragene Verantwortung in der Unterrichtstätigkeit auf allen Ebenen.

Wie steht es um die Zusammenarbeit in der Praxis?

In ihrer Studie konnten Keller-Schneider und Albisser (2013) aufzeigen, dass neben Merkmalen der Schule die Berufsmotive der Lehrpersonen die Form der Zusammenarbeit prägen. Eine hohe Ausprägung der Berufsmotive „durch den Beruf herausgefordert zu sein“ und „den Beruf mit Gestaltungsfreiraum ausüben zu können“, wirkt sich positiv auf die Häufigkeit von Austausch von Materialien aus. Das Motiv der „sozialen Einbindung in eine Gemeinschaft Professioneller“ trägt zur Häufigkeit von gemeinsamer Planung wie auch zur Diskussion von pädagogischen Fragen bei. Je stärker sich Lehrpersonen von beruflichen Herausforderungen motivieren lassen, desto mehr engagieren sie sich auch in einer gemeinsam getragenen Unterrichtsverantwortung. Werden zudem die kollektiven Ressourcen des Kollegiums als hoch eingeschätzt, führt dies zu einer erhöhten Zusammenarbeit in Form von Austausch und Diskussion pädagogischer Fragen. Damit zeichnet sich ein positiver Kreislauf ab: vermehrte Zusammenarbeit führt zur Stärkung der kollektiven Ressourcen im Kollegium, welche ihrerseits Voraussetzung für gelingende Zusammenarbeit sind.

Fazit:

Frau G. und Frau W. pflegen eine ko-konstruktive Zusammenarbeit. Sie sind überzeugt vom Mehrwert, sowohl für ihre eigene Professionalisierung, wie auch für das Lernen ihrer Schülerinnen und Schüler. Sie haben gegenseitig grosses Vertrauen in die Arbeitsqualität und Expertise der andern, setzen sich mit Erwartungen und Haltungsfragen auseinander und tragen die Unterrichtsverantwortung gemeinsam.

Erfolgreiche Zusammenarbeit kann auch in grösseren Teams angestrebt werden. Es braucht dazu Personen, welche die Rahmenbedingungen und Faktoren einer gelingenden Zusammenarbeit kennen und die Zusammenarbeit gestalten und anleiten. Denn: Zusammenarbeit ist ein „must“!

 


Keller-Schneider, M. & Albisser, S. (2013). Kooperation von Lehrpersonen und die Bedeutung von individuellen und kollektiven Ressourcen. In M. Keller-Schneider, S. Albisser & J. Wissinger (Hrsg.), Professionalität und Kooperation in Schulen. Beiträge zur Diskussion über Schulqualität. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

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