Wenn Pädagogische Hochschulen Werbung betreiben

Ich fahre mit dem Bus und überfliege die angebrachten Werbungen. Ich stelle fest, dass für viele  Aus- und Weiterbildungen geworben wird. Neben privaten Sprachschulen finden sich vor allem Hochschulen, die für ihre Studiengänge werben. Bei einem Anteil von rund 35% (vgl. BfS) an Jugendlichen, die über einen Hochschulzugang (Gymnasium, Fach- oder Berufsmittelschule) verfügen und bei 25% der Schweizer Wohnbevölkerung zwischen 25 und 75 Jahren mit einem Hochschulabschluss, scheint sich die Werbung in der Öffentlichkeit trotz des Streuverlustes zu lohnen. Mein Nachbar und ich unterhalten uns über den Sinn und Unsinn von Werbung von Hochschulen, die die Studiengänge verteuert und erst noch  mehrheitlich von der öffentlichen Hand getragen wird. Er, ein Werber, hatte die  Argumente für Werbung – auch für Aus- und Weiterbildungen von öffentlich rechtlichen Hochschulen – schnell zusammen.

Erstens müssten Hochschulen in der Öffentlichkeit für ihr Image werben. Immer wieder würden „Hochschulvorlagen“ vor das Volk kommen. Nur wenn die Öffentlichkeit ein akzeptiertes und angemessenes Bild von den Hochschulen hätte, würde auch in ihrem Sinne gestimmt. Da sich die Stellung der Hochschulen in der Gesellschaft wandle, müssten auch die Hochschulen ihr Image entsprechend adaptieren und stetig neu vermitteln.

Zweitens gehe es insbesondere bei den Ausbildungsstudiengängen darum, die besten Schülerinnen und Schüler für die eine Hochschule oder eine Fachrichtung zu gewinnen. Die Werbung sei somit auch ein Ausdruck des aktuellen „war for talent“. Insbesondere bei den Pädagogischen Hochschulen gäbe es noch viel Potential, da sich die Besten eher für die ETH als für die PH entscheiden würden, so mein Sitznachbar.

Drittens sei die Werbung ein wichtiges Instrument, um Informationen an potentielle Kunden und Interessenten zu bringen. Nur wenn Interessierte das Angebot kennen oder die notwendigsten Informationen hätten, könne das Angebot in einem gesättigten Markt erfolgreich sein. Zudem wollten sich Kunden entscheiden und vor dem Kauf alternative Angebote vergleichen. Deshalb seien solche Informationen auch für bereits bekannte Angebote wichtig. Der Ökonom Stigler habe bereits 1961 darauf hingewiesen, dass die Kunden auch bereit seien, für solche Informationen – in Form eines erhöhten Produktpreises – zu zahlen. Denn für die Kunden würden sich dank der Werbung der Aufwand für die Informationsbeschaffung reduzieren.

Schliesslich sei die Werbung ein Symbol für die Qualität des Produkts oder der Dienstleitung. Gemäss dem Ökonomen Nelson hätten Unternehmen mit einem besseren Angebot einen grösseren Anreiz, Werbung zu betreiben, als Unternehmen mit minderwertigen Angeboten. Es lohne sich also für die „Gewinner“ mehr Werbung zu betreiben. Die Konsequenz daraus sei, dass der Umfang der Werbung für ein Produkt oder eine Dienstleitung den Kunden zeige, welches das Gewinner- und welches das Verliererprodukt sei.

Für mich sind das gute Argumente, Werbung für Weiterbildungsstudiengänge der PH Luzern zu betreiben, auch wenn die von John Kenneth Galbraith prognostizierte Ausdehnung der Nachfrage unsicher ist.

Dr. Jürg H. Arpagaus, Prorektor, PH Luzern

 

Ein Kommentar zu “Wenn Pädagogische Hochschulen Werbung betreiben

  1. Mein erster Impuls: Weshalb denn für ein Studium an einer PH werben, die Nachfrage ist doch ohnehin zur Genüge da, das Geld könnte man auch für Besseres ausgeben. Nun kann man dem Werber unterstellen, er rede da aus Eigeninteresse. Das mag durchaus sein, wäre auch legitim. Mich haben seine drei Argumente jedoch überzeugt, haben meinen Blick daraufhin erweitert, dass Werbung keineswegs nur dazu dient, ein Produkt an den Mann und die Frau zu bringen.
    Insbesondere überzeugt mich das zweite Argument, in Verbindung mit dem ersten. Der Lehrberuf ist von zunehmend grundlegend wichtiger Bedeutung für die kognitive und soziale Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen, für eine prosperierende Wirtschaft, für eine offene Gesellschaft. Dieser Beruf ist so zentral bedeutend, dass an sich nur diejenigen Aspirant/innen aufgenommen dürften, welche geeignet erscheinen, die hohen Herausforderungen an den Lehrberuf erfüllen zu können.

    Ich könnte mir auch eine “Negativ-Werbung” vorstellen, dies im Sinne: “Der Lehrberuf ist spannend, vielseitig – und herausforderungsvoll. Er ist von grundlegender Bedeutung für die Zukunft unserer Kinder, unserer Wirtschaft, unseres Landes. Wir nehmen deshalb nur diejenigen auf, die gewillt sind, Höchstleistungen zu erbringen und dazu auch fähig sind. Schätzen Sie sich so ein? Dann bewerben Sie sich. Aber aufgepasst: Wir nehmen nicht jede/n. Unser Ausleseverfahren ist hürdenreich und anspruchsvoll, das Studium anstrengend und fordernd.”

    Nun, ich bin kein Werber, ich weiss. Aber ich möchte, dass den künftigen Lehrer/innen in der Primar- und der Sekundarstufe inkl. Berufsbildung sowie den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes klar wird, dass nur die “best of the best” Lehrer/innen sein können und werden dürfen. Und dass die alten, längst überholten Klischées zum Lehrberuf über Bord geworfen werden müssen, wenn wir wollen, dass die Schweiz auch noch in 30 Jahren zur Weltklasse gehört…

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