Berufsberater/-innen informieren sich an der PH Luzern über Karrieremöglichkeiten in der Berufs- und Erwachsenenbildung

Das Interesse von Quereinsteiger/-innen den Schritt in die Berufs- und Erwachsenenbildung zu wagen, nimmt zu. Die Motivationen für diese berufsbiographischen Entwicklungsschnitte sind vielseitig, ebenso die möglichen Wege, sich in der Berufs- und Erwachsenenbildung zu qualifizieren. Auch für Fachpersonen der Berufs- und Laufbahnberatung ist es deshalb wichtig, sich über die aktuellen Karrieremöglichkeiten in der Berufs- und Erwachsenenbildung auf dem Laufenden zu halten – idealerweise direkt dort, wo die Bildungsarbeit gelebt und weiterentwickelt wird.

Am 9. März 2017 widmeten rund 40 Berufsberater/-innen ihren Weiterbildungstag den Bildungswegen von Fach- und Lehrpersonen in der Berufs- und Erwachsenenbildung. Wie kommt man zu einer Anstellung an einer Berufsfachschule? Welche Einstiegsoptionen gibt es? Welche Ausbildungen braucht man dazu und wie sind die Eingangsvoraussetzungen? Welche Ausbildung absolviert man als Erwachsenenbildner/-in? Diese und weitere Fragen waren zentral an der Weiterbildungstagung an der PH Luzern, dem Berufsbildungszentrum Bau und Gewerbe und der aeB Schweiz. Sie wurden von den Abteilungsleitenden anhand des breiten Bildungsangebots der PH Luzern in Kooperation mit der aeB Schweiz beantwortet und diskutiert. Ebenfalls konnten die Teilnehmenden von einem spannenden Blick in den Master of Science in Berufsbildung des EHB profitieren.

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Insbesondere die Frage nach den konkreten ersten Schritten in die Berufsbildung und auch deren Wahrscheinlichkeit/Chance für Quereinsteigende schien bei den Berufsberater/-innen zentral zu sein. Die Expertenmeinungen der PH Luzern, welche langjährige Erfahrungen aus Hochschule und Praxis verbinden, zeigten auf, dass die Karrieren in die Berufsbildung häufig über kleinere Lehrpensen an einem Lernort (Berufsfachschule, üK, BerufsbildnerIn im Lehrbetrieb) starten und dann die Qualifizierungen begonnen und mit steigenden Pensen und Einstiegen in weitere Lernorte (z.B. vom üK an die Berufsfachschule) prozesshaft gestaltet werden. Hier scheint sich die Relevanz der Netzwerkarbeit in der Bildung zu bestätigen.

Diese Karrierewege bestätigten auch drei Lehrpersonen, welche am Weiterbildungstag über ihren Quereinstieg in die Tätigkeit als Berufsfachschullehrer/in berichteten. Alle drei waren als Fachleute in ihrem Beruf tätig und verfügten über keine didaktische Vorbildung. Sie wurden von Kolleg/innen für kleinere Stellvertretungen an der Berufsschule angefragt. Die Tätigkeit als Berufsfachschullehrperson machte ihnen Spass, auch kamen sie gut bei den Lernenden an, die Vermittlungstätigkeit lag ihnen. Sie wurden wieder angefragt. Und wieder. Die Schulleitung machte einen Unterrichtsbesuch und fragte, ob sie nicht ein kleines Pensum übernehmen möchten. Aus dem kleinen Pensum wurde ein grösseres Pensum, es stellte sich die Frage nach einer didaktischen Ausbildung. Das Berufsfachschullehr-Angebot der PH Luzern bot sich an, sie absolvierten alle drei die SBFI-anerkannte Diplomausbildung.

Für Interessent/innen, welche in die Berufs- oder Erwachsenenbildung einsteigen wollen, empfiehlt sich gemäss den Expert/innen der PH Luzern das SVEB-Zertifikat zu erwerben. Dieses bildet das Eingangsticket in die Welt der Berufs- und Erwachsenenbildung. Mit einem Zusatzmodul kann an der PH Luzern in Kooperation mit der aeB Schweiz das Diplom als Berufsbildungsverantwortliche im Nebenberuf erlangt werden (max. 50% Unterrichtspensum an Berufsfachschulen oder höheren Fachschulen). Wenn der Nebenberuf zum Hauptberuf werden soll, kann ein berufsbegleitender Diplomstudiengang (Berufsfachschule oder höhere Fachschule) besucht werden. Im Anschluss an das Lehrdiplom im Nebenberuf sind dafür noch 1,5 Jahre erforderlich, das Präsenzstudium umfasst einen Tag pro Woche.

Personen, welche sich in die Erwachsenenbildung weiter entwickeln wollen, absolvieren den eidg. Fachausweis als Ausbilder/in. Bei einer hauptberuflichen Tätigkeit in der Erwachsenenbildung bietet sich der weiterführende Studiengang MAS in Adult and Professional Education der PH Luzern an, welcher mit dem Diplomstudiengang Erwachsenenbildner/in HF kombiniert ist.

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Gerade für Quereinsteiger/-innen in die Berufs- und Erwachsenenbildung ergibt sich aber in diesen berufsbiographischen Entwicklungsschritten auch immer die Frage nach der beruflichen Identität. Personen, die sich für eine Zweit-Karriere in der Bildung, z.B. als Berufsfachschullehrperson entscheiden, müssen verstehen, dass sie in einen neuen Beruf mit einer neuen beruflichen Identität einsteigen. Sie sind nicht mehr Ingenieurin sondern Lehrerin, nicht mehr Schreiner sondern Lehrer. Dieser Wechsel der beruflichen Identität ist nicht nur einfach und wird in seiner Auswirkung auf die eigene Person oft auch unterschätzt. Der Lackmustest ist, wie sich eine Person in einer gesellschaftlichen Runde fühlt, wenn sie neu sagt: Ich bin Berufsfachschullehrer/in.

Als Lehrperson ist also nicht mehr das “eigene“ Fach, das unterrichtet wird im Zentrum, sondern die Kompetenzentwicklung aller Lernenden. Dazu brauche ich Kompetenzen im Fach, und vor allem in der Pädagogik und Didaktik. Das heisst aber nicht, dass die fachlich Schwachen in den Lehrberuf gehen können oder sollen. Ganz im Gegenteil. Es braucht die fachliche Elite, die auch in der Lage ist, eine zusätzliche Expertise in der Profession Lehrer/in aufzubauen. Es wird also vorausgesetzt, dass die Lehrpersonen auch ausgezeichnete Lernende sind.

Vor der Entscheidung, in den Lehrberuf als Zweitkarriere einzusteigen, muss auch die Frage gestellt werden, wie und wohin sich eine Lehrperson entwickeln kann. Der Lehrberuf wurde lange als Sackgassenberuf bezeichnet. Heute ist das Berufsfeld der Lehrpersonen strukturell und inhaltlich stärker ausdifferenziert. Es gibt die Möglichkeit einer vertikalen Karriere über die Leitung eines Fachbereichs (vgl. DAS Fachbereichsleiter/in Berufsbildung), zu einem Prorektorat mit mehreren Fachbereichen zum Rektorat (vgl. MAS Schulmanagement). Es gibt aber auch die Möglichkeit, sich horizontal weiterzuentwickeln, indem sich eine Person spezialisiert, z.B. in DaZIK, Bili, FiB, Lernortkooperation usw.

 

Jürg Arpagaus, Prorektor Weiterbildung PH Luzern

Donatus Berlinger, Abteilungsleiter Erwachsenenbildung PH Luzern

Janine Gut, Abteilungsleiterin Berufs- und Weiterbildung Sek II/Tertiär PH Luzern

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