Sag’ was du denkst – sensibler Umgang mit Sprache im Fachunterricht

In jeder Unterrichtssequenz werden Lernende in irgendeiner Form mit Sprache konfrontiert, sei dies im mündlichen Austausch, in schriftlichen Texten oder in Präsentationen. Die Sprache ist zentrales Medium der Verständigung und Vermittlung von Inhalten im Fachunterricht und Sachkompetenz kann nur erreicht werden, wenn ausreichende linguistische Sprachkompetenzen zur rezeptiven, produktiven und kognitiven Verarbeitung von Fachinhalten gegeben sind.

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Fachliches Lernen findet damit gewissermassen immer in der Sprache und mit der Sprache statt. Gleichzeitig ist Sprachlernen immer auch ein Lernen an und mit Inhalten. Damit sind Fach- und Sprachlernen über Verstehens- und Verarbeitungsprozesse integrativ miteinander verbunden (Ahrenholz & Oomen-Welke, 2008). Entsprechend zeigen verschiedene Studien, dass sich die Ursachen von Schwierigkeiten im Erschliessen von Fachwissen oftmals in mangelnden Sprachkompetenzen der Lernenden finden lassen (Brocksrocker, 2011). Diese Evidenzen untermauern die Notwendigkeit, dass sich auch Fachlehrpersonen zunehmend mit der Sprachförderung in ihrem Unterricht auseinandersetzen und sich damit der Thematik eines sprachsensiblen Fachunterrichts annehmen müssen.

 

Sprach- und Fachlernen kombinieren… 

Für den Kompetenzerwerb, auch Sprachkompetenzen, ist die intensive Auseinandersetzung mit authentischen Anforderungssituationen zentral (Brocksrocker, 2011). Hier setzt der sprachsensible Fachunterricht an, in dem er Sprachlernen mit anforderungsreichen Situationen im Fachunterricht kombiniert. Mit einem sprachsensiblen Unterricht wird ein bewusster Umgang mit der Sprache gepflegt und dieser im Sinne der Fachinhalte genutzt. Dabei kann nicht von „der“ Sprache im Fachunterricht ausgegangen werden. Vielmehr unterscheidet sich die Sprache innerhalb und zwischen den Fachrichtungen je nach gewählten Darstellungsformen und Abstraktionsniveaus sowie dem Einbezug von Alltags-, Fach- und Unterrichtssprache. Um diesen fachspezifischen Merkmalen der Sprache gerecht zu werden, wird oftmals der Begriff der Bildungssprache verwendet. Sprache im Fachunterricht ist somit immer Bildungssprache (Leisen, 2013).

 

…mit Bekanntem in neuen Kontexten

Der Ansatz des sprachsensiblen Unterrichts deckt sowohl methodische als auch didaktische Möglichkeiten für den Fachunterricht ab. In den didaktischen Ansätzen kann die Lehrperson über die Gestaltung der kommunikativen Situationen im Fachunterricht das Anforderungsniveau an die Sprachkompetenzen der Lernenden bewusst variieren und erweitern. Für sprachlich schwächere Lernende bieten sich insbesondere sprachlich darstellende Situationen an, in denen Gegenstände und Sachverhalte anschauungsbasiert (z.B. in Skizzen, Diagrammen, Bildern) erarbeitet werden. Oder es kann in der Erarbeitung neuer Lerninhalte zu Beginn stärker an der Alltagssprache angesetzt werden und diese dann stetig mit Fachsprache anreichert werden. Weiter kann durch unterschiedliche gewählte Sozialformen der Sprechanteil der Schüler und Schülerinnen und dessen Komplexität bewusst variiert werden. Die methodischen Aspekte des sprachsensiblen Unterrichts bieten konkrete Werkzeuge zur Sprachförderung im Fachunterricht. Diese Werkzeuge unterstützen die Lehrperson darin, bedürfnisorientierte und anforderungsreiche kommunikative Lernsituationen zu gestalten. Leisen (2013) bietet dazu eine breite Auswahl an Methodenwerkzeugen (z.B. Textpuzzle, Bildsequenzen, Lernplakate), welche durch ihren Aufforderungscharakter die Lernenden inhaltsgebunden in aktive Kommunikationssituationen bringen.

Grundsätzlich setzen damit sowohl die didaktischen als auch die methodischen Aspekte des sprachsensiblen Fachunterrichts an Bekanntem für die Lehrpersonen an, erweitern dieses aber um die bewusste Berücksichtigung der Sprache. Mit diesem Zugang eröffnen Lehrpersonen ihren Lernenden die Chance, Fach- und Sprachkompetenzen integral auf- und auszubauen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung von ganzheitlichen Lern- und Verstehensprozessen.

 

Ahrenholz, B. & Oomen-Welke, I. (Hrsg.) (2008). Deutsch als Zweitsprache (Band 9, 3. korr. Auflage). Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Bocksrocker, N. (2011). Sprachkompetenz als Basis der Handlungskompetenz – zur Notwendigkeit eines erweiterten Lernfeldkonzepts. Berufs- und Wirtschaftspädagogik online, 20, 1-21.

Leisen, J. (2013). Handbuch Sprachförderung im Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis. Stuttgart: Klett.

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