HERR MACBETH ODER DIE SCHULE DES BÖSEN

Vom Wetter her ist der 11. Mai kein lieblicher Maientag. Es bläst ein kalter Wind und ist nicht sicher ob es demnächst anfängt zu regnen. Heute fahre ich nach Basel ins Vorstadttheater. Die Affiche passt. Sie verspricht Wüstes und Böses. Ich bin gespannt. Ein erster Blick auf die Bühne lässt mich eintauchen in eine abgewrackte Welt. Ein kugelförmiges Gebilde liegt auf dem Bühnenboden. Es erinnert an eine Tauchvorrichtung oder eine Weltraumkapsel. Ich frage mich, ob sie soeben aufgetaucht oder aus dem All abgestürzt ist? Befinden wir uns unter Wasser oder auf einem Schrottplatz im Niemandsland? Bald schon tauchen aus dem Innern der Kugel vier Hexengestalten auf und schon ist das Publikum mitten im Reich des Bösen.

Die vier Hexenfiguren erzählen und spielen frei nach Shakespeare die Geschichte von Macbeth. Am Anfang steht die Weissagung, dass Macbeth einen steilen Aufstieg machen und schliesslich König von Schottland werden wird. Das treibt ihn in einen Blutrausch sondergleichen. Alles was sich ihm in den Weg stellt, wird aus dem Weg geräumt. Lady Macbeth macht nicht nur einfach mit, sondern fungiert als Antreiberin. Von Moral ist keine Spur mehr vorhanden. Freunde werden zu Feinden und Feinde werden zu Freunden. Auf nichts ist Verlass. Die Machtgier macht blind.

Die drei Schauspieler und die Schauspielerin veranstalten auf der Bühne ein gehöriges Spektakel und spielen mit unbändiger Lust in unterschiedlichen Sprachen, verstellen ihre Stimmen und übertreiben und überzeichnen in Mimik, Tempo und Lautstärke, dass es eine Freude ist. Da wird in Hochdeutsch, Englisch, Mundart und einer Mischung aus Italienisch und Latein drauflos gespielt. Das Böse wird als Irrsinn zelebriert. Drastische Bilder entstehen und bleiben haften. Für stille Momente bleibt kaum Zeit. Immerhin gibt es für Macbeth ein böses Ende.

Im Publikum sitzt eine Klasse von 16/17 jährigen. Die lassen sich von der Intensität packen und geniessen diesen Gruselkrimi. Bei mir ist es eine Mischung aus Angst und Lust. Ich frage mich, wie die Welt des Bösen in die Realität eingeordnet werden soll. Dieser Teil der Welt, der uns allen täglich in den Nachrichten begegnet. Braucht es so viel Bosheit und Leid in dieser Welt? Shakespeare, dessen Todestag sich dieses Jahr zum 400. Mal jährt, suchte schon damals nach Antworten zu dieser Frage. Er lässt im 1. Akt, 1. Szene die 1. Hexe fragen: «Wann werden wir drei uns wiedersehen?» worauf die 2. Hexe antwortet: «Wenn Irrewirre ist vollbracht. Wenn siegreich ist verlorn die Schlacht.» Dass der Mensch dies reflektieren kann und sich trotzdem nichts ändert, bietet Stoff zum Nachdenken und Nachbereiten. Siegreich verlieren!

Das Vorstadttheater bietet das Stück ab 12 an. Angemessen wäre aus meiner Sicht ab 14.

 

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