Besteste Freunde

Gespielt von «Die Nachbarn»
Besuch einer Schulvorstellung am 16. November anlässlich des Theaterfunkens im Sternensaal Wohlen von Kathrin Brülhart

Zusammen mit zwei Klassen sitze ich erwartungsvoll im Sternensaal. Es geht los: Zwei Schaupielerinnen bauen mit vielen (wunderschönen!) kleinen und grossen alten Koffern die Burg Wildenstein. Wir erfahren, dass hier Gilbert wohnt. Gilbert ist das erste Wesen, das von der verrückten Professorin Dr. Wildenstein erschaffen wurde. Für Gilbert ist sie so etwas wie seine Mutter. Leider hat Dr. Wildenstein keine Zeit für ihn, immer muss sie neue Wesen erschaffen. Zu Beginn sind wir bei so einer Erschaffung live dabei, neben anderen «Zutaten» braucht es etwas Viren aus einer Gesichtsmaske und ein Kamelauge (wunderbar: es lebe Frankenstein!) Entstanden ist hier Adam Ups, ein schrecklich anzusehendes Monster, das einen nur zu berühren braucht und schon fliegt man durch die Luft. Und eben, weil Dr. Wildenstein für niemanden Zeit hat, bleibt alles an Gilbert hängen. Da ist zum Beispiel Giselle ein lustiges Flugwesen, das immer in Not gerät oder Spinni der immer wieder abhaut und manchmal die anderen beisst…
Tag und Nacht ist Gilbert im Einsatz, um das ständig drohende Chaos zu verhindern. Anerkennung bekommt er keine, und so hat Frau Bobo leichtes Spiel. Frau Bobo ist eine Talentsucherin, sie kommt vom Fernsehen und sucht für ihre Talentshow wahre Grössen. Sie versucht Gilbert mit leeren Versprechungen vom baldigen Ruhm um den Finger zu wickeln. Ob ihr das gelingt und sie Gilbert aus der Burg locken kann, soll an dieser Stelle nicht verraten werden.
„Besteste Freunde“ ist eine Mischung aus einer Frankensteinversion für Kinder und dem Film „What’s eating Gilbert Grape?“. Ein temporeiches, dramatisches und humorvolles Stück mit Schauspieler/-innen und Puppen.

Wo diis Huus wohnt


Ein Stück über Herkunft gespielt von „Reich & Schön“
Besuch einer Schulvorstellung am 12. November im GZ Buchegg, Zürich
von Kathrin Brülhart Corbat

«Was stört dich, nervt dich an deinen Eltern?» Diese Frage muss vor dem Stück beantwortet werden. Auf die Zettel wird eifrig geschrieben, diese werden von Denise und Kapi zu Beginn der Vorstellung eingesammelt. Gibt es Eltern im Publikum? ihnen wird sofort ein Pamir verpasst… Ich darf nicht zuhören.

DENISE: Ich cha säge: Ich bin es Naturchind, ich chume vom Land
KAPI: Oder us de Stadt
DENISE: 300 Iiwohner
KAPI: 11.5 Millionen Iiwohner
DENISE: Niemer suecht sich sini Herkunft us. Sie passiert eim eifach. Me wird gebore und villicht landet me nöime, wome gar nit inepasst.
KAPI: Imene Land, wo mer nöd will sie
DENISE: Inere Stadt, wo eim fremd isch
KAPI: Inere Strass, wo me kei Fründe findet.
DENISE: Oder, ebe… am schlimmschte: bi Eltere, wo eim überhaupt nit verstöh.
KAPI: Oh ja..
DENISE: Häng ufe: wer het no nie irgendwelchi Problem gha mit sine Eltere? Voilà.

Natürlich lege ich meinen Ohrenverschluss schnell wieder ab – wir Eltern sind Aliens, kommen von einem anderen Planeten, sind alle überfordert und haben keine Ahnung… das kann ja interessant werden… und das wird es: In diesem Stück geht es um Herkunft, Kapi kommt aus Kinshasa, einer Millionenstadt aus der demokratischen Republik Kongo, Denise aus einem kleinen Kaff in Solothurn.

Beide Frauen haben total verschiedene Kindergeburtstage erlebt, total verschiedene Schulen durchlaufen. Beide hatten als Jugendliche Sehnsüchte, wollten was erleben, wollten verstanden und geliebt werden- «Ich habe Theater gespielt und meine Mutter ist kein einziges Mal zuschauen gekommen», erzählt Kapi- oke, eindeutig eine Alienmutter… Und hier, was steht auf diesem Zettel? «Ich darf nicht in den Ausgang und habe deswegen keinen einzigen richtigen Freund», schon wieder, eindeutig ein Alienvater. (Hast Du das geschrieben ? raunt ein Junge vor mir …. Sicher nicht!- die Antwort ) Es geht unter die Haut, die Geschichten, sie kommen einem bekannt vor. Häuten möchte man sich, Belastendes ablegen (Tolle Kostümeà Tüllröcke, die in mehreren Schichten getragen werden und dieses «sich-häuten» symbolisieren) Fazit: Herkunft hat man. Man kommt woher. Immer hat man Eltern, immer zwei, die mehr oder weniger präsent sind, mehr oder weniger betrunken, mehr oder weniger Sonnenschein. Sie, dein Haus, deine Wohnung, deine Strasse, deine Schule und das Universum prägen dich, imprägnieren dich mit dem Geruch deiner Herkunft, einem Geruch, der an dir haftet, den du nicht einfach wechseln kannst wie ein billiges Parfüm. Herkunft ist wie Eltern: Einfach mal am Kiosk zwei neue holen geht nicht.

Die Stück regt zum Nachdenken an, macht Mut, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, nicht nur zu erfüllen, sondern zu gestalten. Weil, ja: Ich komme woher. Aber: Ich gehe auch wohin. Und dieses „wohin“ kann ich entscheiden. Wenn ich weiss, wer ich bin. Wenn ich erkenne, was ich mitbekommen habe an positiven Dingen, wie auch an vielleicht weniger positiven Dingen.

Ein sehr gelungenes, ehrliches, mutiges Jugendstück für alle ab 12 Jahren.

Auf den Spuren der Ästhetischen Expedition «Verschenkte Ideen»…

Das Geschenk an die «Schule mit Zukunft».

Eigentlich wäre doch alles anders geplant gewesen. Eigentlich. Denn Feste sollen gebührend gefeiert werden. Und ein Geschenk wäre ja auch schon parat gewesen. Ein Geschenk, das kreativ eroberte Räume der Schule gezeigt hätte. Ein Geschenk, das den gestalterischen Umgang mit neuen Ideen genauer zu beforschen versuchte.

Doch leider musste am 30.Oktober 2020 der feierliche Anlass abgesagt werden. Und somit unser Geschenk kurzerhand in eine neue, virtuelle Form gebracht werden. Denn ganz lassen konnten wir es natürlich nicht. Wollten wir die DVS doch trotzdem überraschen mit unserem Geschenk.

Und so übergaben wir zum erfolgreich abgeschlossenen Projekt „Schulen mit Zukunft“ unser Geschenk in digitaler Form.

Hier geht’s zur Präsentation unserer verschenkten Ideen.

Und zu guter Letzt unser Fazit:

Was geblieben ist und virus-resistente Wege sucht: die Lust zu spielen, zu erfinden, zu erzählen, zu gestalten! Zum Beispiel aus einer „Kiste nix“! Weiter… in die Zukunft der Schule, in welcher künstlerische Herangehensweisen eine Möglichkeit eröffnen, die forschende Haltung und die Experimentierfreude als Zukunftskompetenz weiter zu entwickeln.

Helikoptern

Eine Geschichte über Vertrauen und Verantwortung
Das Theater Salto & Mortale spielt im Rahmen des Theaterfunkens 2020.
Besucht von Kathrin Brülhart Corbat am 5. November, Bühne Aarau (Tuchlaube)

Wir befinden uns in einem Schulzimmer. Lehrer Kuriger plant ein Experiment, eine sogenannte „Challenge“: eine Woche lang möchte er mit seiner Klasse in den Wald. Natur pur, ohne jeden Komfort. Keine Dusche und kein Föhn, kein Feuerzeug (nur Streichhölzer), kein Handy und kein Youtube. Die Klasse ist dabei.
Lehrer Kuriger spricht in dieser Szene zu einer „ganzen“ Schulklasse, zu sehen als Videoprojektion auf vier beweglichen Wänden. So entstehen wunderbare „echte“ Identifikationsfiguren für das junge Publikum.
Die Eltern sind von diesem „Überlebens-Projekt“ weniger begeistert, sie haben Bedenken, zweifeln am Sinn des Lagers, was lernt man denn da im Wald? Das entspricht ja überhaupt nicht dem Lehrplan… Viele machen sich auch Sorgen um ihre Kinder, es ist doch gefährlich, so alleine im Wald. Vereinzelt gibt es auch Unterstützung für die Idee.
Auch hier eine tolle Szene: die drei SchauspielerInnen hüpfen in zig verschiedene Rollen und präsentieren uns die ganze Palette von besorgten Eltern.
Schliesslich gelingt es ihnen, das Projekt zu verhindern. Das Waldlager wird aus Sicherheitsgründen abgesagt. Die Enttäuschung der Klasse (und des Lehrers!) ist gross.
Ein Kindertrio zieht trotzdem los. Auf eigene Faust. Die Eltern der Ausgerissenen machen sich natürlich grosse Sorgen und eine Waldsuche beginnt: Zu dritt plus ein Hund, ohne Helikopter, aber mit Drohne und Leuchtwesten. Mehr sei hier nicht verraten…
Das Theater Salto & Mortale beschäftigt sich in diesem Stück mit Fragen nach Vertrauen und Verantwortung, Ablösung und Eigenständigkeit. Die Truppe hat mit einer Schulklasse zusammengearbeitet (welche auch in den diversen Videoprojektionen zu sehen ist J) und den Austausch mit den Eltern gesucht. Aus dieser sorgfältigen Recherchearbeit ist ein gelungenes Stück für alle ab 10 Jahren entstanden.

Theaterperlen

Eröffnung im Kleintheater  

Carte Blanche mit «Ente, Tod und Tulpe» von Theater Luki*ju

«Einfach wunderbar, dass wir trotz Corona kommen können!», so werde ich  von einer Lehrperson heute Morgen im Kleintheater begrüsst. JA – stimmt ! Es ist wunderbar, dass wir trotz Einschränkungen exakt 49 kleine und grosse Nasen (alle hinter Masken J) begrüssen dürfen.

Platz haben wir genug, es kann losgehen. Gespannt lauschen wir den feinen Bratschentönen und tauchen ein in die wunderschöne, poetische Geschichte über Leben, Freundschaft und Vergänglichkeit, nach dem Bilderbuch von Wolf Erlbruch.

Die quirlige Ente schliessen wir sofort ins Herz und bangen um sie, als sie dem Tod begegnet. Der war aber schon immer da, eigentlich eine ganz sympathische Erscheinung, die Ente hat ihn einfach noch nie bemerkt. Zaghaft nähern sie sich an und eine Freundschaft entsteht. Auch die Tulpe, die Bratschenspielerin, gehört dazu. Die Ente zeigt den beiden neuen Freunden die Abenteuer des Lebens, sie fischen gemeinsam, steigen in eine Barke, spielen Golf, klettern auf den Baum und leben frisch drauf los… Bis der Tod unausweichlich ist und auch darüber gesprochen wird. Wo ist man dann? Wie sieht es dort aus? Gibt es dort vielleicht ein riesiger Teich mit vielen Glitzerfischen? Der Tod weiss es nicht und die Tulpe spielt auf ihrer Bratsche… Vielleicht… In jedem Fall geht es einem dann gut.

Das Theater Luki*ju beleuchtet das Thema Sterben und Tod mit viel Tiefgang und einer guten Portion Humor.