IT DEPENDS – gespielt vom Weltalm Theater

Besuch einer Schulvorstellung am 1. November 23,

im PROZESS (externer Spielort vom Schlachthaus Theater Bern)

von Kathrin Brülhart Corbat

Wir alle sind voneinander abhängig, persönlich, gesellschaftlich, wirtschaftlich. Diese Abhängigkeiten hat das Theater Weltalm unter die Lupe genommen.

Ale zittert um seine Lehrstelle.

Die Mutter von Leonie braucht unbedingt den Bonus, um ihre Schulden zu bezahlen.

Celine will die Schule abbrechen.

Leonie möchte vor allem dazugehören und nicht immer mit ihrer Mutter in die Ferien.

Philipps Handy läutet ständig, sein Vater will sein Leben managen.

Ale ist abhängig von Philippe, Philippe ist abhängig von seinem Vater, Céline ist abhängig von den Launen ihrer Freund*innen und Leonie ist abhängig von ….

Zu Beginn des Stückes muss man sich schon gehörig konzentrieren, dass man diese Abhängigkeitsketten nicht verpasst, denn jede Geschichte ist mit der anderen verflochten. Bald wird klar, dass die Leben von allen mit allem zusammenhängen.

Dramaturgisch geschickt werden die verschiedenen «Lebens- Ausschnitte» serviert, wir im Publikum bleiben dran, verfolgen mit Spannung, was nun die ameisenforschende Mutter mit dem Ganzen zu tun hat. Immer wieder werden verschieden grosse Polystyrolplatten (sieht aus wie Styropor, ist aber viel robuster), die von der Decke hängen, als technische Geräte wie Compis, Handys aber auch als Sofa und Gartenhausdecke benutzt. Die schnellen Wechsel der Geschichtenstränge werden unterstützt durch Musik und Live-Gesang.

Ein tolles Jugendstück ist entstanden; toll auch, weil das Weltalm Theater in dieser Produktion von drei jungen Amateur Schauspieler*innen unterstützt wird, so werden die Alltagsthemen, die hier auf die Bühne kommen, glaubhaft(er) und erreichen das jugendliche Publikum hoffentlich. Dem Applaus nach, ist es gelungen. 

Ein Jugendstück für alle ab 13 Jahren.

Urknall – am Anfang regnete es Kühe, gespielt vom Theater Sgaramusch

Besuch einer Schulvorstellung am 31. Oktober 23, im Theater PurPur Zürich

von Kathrin Brülhart Corbat

Zuerst malen Nora und Colombo mit Kreide ganz exakt einen grossen Kreis. Dann wird ausserhalb des Kreises die Bühne eingerichtet: etliche Bälle, IKEA Säcke, eine Bassgitarre, zwei Kessel und … – «Das ist die Erde», Nora hängt einen roten Schaumstoffball in die Mitte der Bühne an einen Faden, der von der Decke baumelt. Die Erde wird von einem Scheinwerfer beleuchtet. «Ich sehe mich», meint Nora die Schauspielerin, sie zeigt auf einen Punkt auf der Erde und winkt sich zu, «ich sehe euch, ihr seid im Publikum und schaut uns zu». «Ich sehe Neuseeland», sagt Colombo der Schauspieler, der auf der anderen Seite der Erde steht, «schaut, die Menschen schlafen noch.»

Mit «Urknall» kreist das Theater Sgaramusch durch diverse Welt- und Spielräume. Das Stück erzählt von der Entstehung der Erde und stellt existenzielle Fragen wie «Wer bin ich?», «Was mache ich hier auf dieser Welt?», «Wem gehört hier eigentlich alles?», «Wer darf befehlen?».

Sie rennen im Kreis und erfinden spielend Universum um Universum. Immer wieder gibt es zu wenig Platz für beide. Da ist zum Beispiel ein Stuhl, den man sich teilen muss, am liebsten hätte man ihn für sich allein. Oder Colombo wird zum Vielfrass und treibt wenig später einsam auf dem Meer, er hat immer noch Hunger. Wäre da nicht Nora mit der Perücke, hätte Colombo bestimmt das Publikum aufgefressen… Wer nämlich die Perücke hat und auf dem Stuhl steht, darf befehlen.

Ein wunderbares Spiel. «Zum Glück ist es nur gespielt», raunt eine Erstklässler*in neben mir. Ja, da wird gespielt, was das Zeug hält, sie atmen durch ein Megafon und nehmen die Stimme auf, welche später bei einem heftigen Gewittersturm zum Einsatz kommt.

«Wie war das genau am Anfang mit der Erde?» Wir wissen es nicht genau, aus diesem Unwissen schöpft das Stück immer wieder neues Spiel. Einmal regnet es sogar Kühe und eine Kuh wird ausgeschlossen, weil sie nicht muhen kann, sondern nur «Kikerikii» ruft. Später wird die Erde ganz heiss und man muss sie unbedingt abkühlen. Der Erde geht es nicht mehr gut. «Ärde. Was selled mier mache? was bruuchsch du?» Zum Glück gibt es den Wasserkübel…

Immer wieder gelingt es Nora und Colombo, dass wir gemeinsam Musik machen, klatschen und singen, zum Beispiel: «Ich weiss ned wer ich bi, ich weiss nid was i cha, weiss nur ich will d’Ärde nieme us de Auge lah…» Am Schluss kommt Colombo mit einem Buch auf die Bühne, das ist «Das Buch für die Erde», da darf man seine Ideen reinzeichnen oder schreiben, wie man der Erde helfen möchte.

Urknall ist ein Feuerwerk aus Poesie und Lärm. Eine Liebeserklärung an das Leben auf der Erde. Für alle ab 5 Jahren.

Das grosse Padam Padam !

Hausproduktion Vorstadttheater Basel

Besuch einer Schulvorstellung am 25. Oktober 23 im Vorstadttheater Basel,

von Kathrin Brülhart Corbat

Schon fast etwas wehmütig sitze ich zum letzten Mal im Vorstadttheater im St. Alban. Seit 1978 wird hier Theater für alle Generationen gespielt. Das Vorstadttheater zügelt im Frühling 24 an den Allschwilerplatz ins Oekolampad. Das Stück «Das grosse Padam Padam» ist somit die Première der Dernière.

Es geht los mit viel Musik und sich schminken, zu einer eingespielten YouTuberinnen- Stimme… wunderbar komisch!

Dann herrscht Stille…- und jetzt? Die vier Clowns wissen nicht so recht, was die Zukunft bringt, wenn sie heute ihre letzte, bombastische Vorstellung spielen. «Was möchtet ihr denn sehen?» werden wir gefragt. Eiligst werden Ideen auf Zettel geschrieben. Die Wünsche gehen von «Zauberei» zu «grünem Papagei, der sich in einen rosa Kuchen verliebt» über «mit sechs Beinen tanzen», bis zu «ein richtiger Popsong hören».

Alles wird ausprobiert, die Vier sind sich für nichts zu schade und setzen um, was wir uns wünschen. So läuft natürlich nicht alles, wie geplant und wir werden Zeuge von Wutausbrüchen, Machtmissbrauch, Freundschaft und Liebe… Zeug*in sein von «Unperfektem» tut gut, bringt uns zum Lachen. «Das Unperfekte ist die Seele des Clowns.» (Leo Bassi, italienischer Schauspieler und Clown)

Interessant ist auch der Theaterraum. Die traditionelle Zuschauer- Tribüne wurde auseinandergenommen und längs mit Blick zur Fensterfront neu aufgebaut. Immer wieder wird während dem Stück die Fensterverdunkelung aufgehoben und wir sehen nach draussen, sozusagen in die «neue Welt», ins neue Spiel.

Und da gehen sie dann zum Schluss auch ab, die Vier… ziehen weiter, um hoffentlich neue Bretter zu finden, die die Welt bedeuten.

«Das grosse Padam Padam», eine Ode an das Unperfekte für alle ab 8 Jahren.

Frou Loosli

Erzähltheater von Scherteinleib&Seele

Besuch einer öffentlichen Familienvorstellung am 3. Juni 23 in der Werkstatt7, Zürich, von Kathrin Brülhart Corbat

Da war ich noch nie: Mitten in Zürich in der Turnerstrasse 7 befindet sich ein schönes, altes Haus mit Garten und in diesem Haus befindet sich im Keller die Werkstatt7, eine ehemalige Malerwerkstatt. Hier sitzen heute Abend eine Handvoll Kinder und doppelt so viele Erwachsene und warten gespannt bis es losgeht.

Punkt sieben ertönen feine Bratschenklänge, Andreas Schertenleib betritt die Bühne und beginnt zu erzählen. Von der Neunjährigen Rahel, die eine ganz besondere Freundin hat: Frau Loosli. Sie wohnt im Stöckli und ist 80 Jahre alt, kann gut singen und hat keine Zunge. Dies ist wohl auch der Grund, dass Frau Loosli nur wenig Freunde hat, man versteht sie schlecht, über sie wird gelacht. Frau Loosli hat trotz ihrem hohen Alter noch nie das Meer gesehen. Rahel möchte deshalb, dass Frau Loosli mit ihrer Familie in die Ferien mitkommen darf. Da Rahels Eltern und ihre vier Brüder damit nicht einverstanden sind, packen das Mädchen und die alte Frau heimlich ihre Sachen und reisen alleine nach Les Saintes-Maries de la Mer. Frau Loosli war noch nie zuvor im Ausland und Rahel spricht kein Wort Französisch, doch zusammen schlagen sie sich durch.

Immer wieder erklingen schöne (alte) Lieder, denn Frau Loosli kann zwar nicht gut reden, aber wunderbar singen, die Live- Bratschenmusik ist ein wichtiger Bestandteil von dieser Produktion. Mal ertönt sie als Einschlafmusik, mal als virtuose Tanzmusik. Einer meiner Lieblingsmomente: als die beiden Ausreisserinnen auf der französischen Kilbi Achterbahn fahren und Frau Loosli nicht genug bekommt vom Geld aus dem Fenster werfen.

Andreas Schertenleib erzählt die Geschichte dieses ungleichen Paares mit feinem Humor und schlüpft dabei in die Rollen sämtlicher Figuren: die eigenwillige Rahel, den zögerlichen Pfarrer Baumgartner, den pubertierenden Hannes und die zungenlose Frau Loosli spielt er mit viel Energie und Freude am Sichverwandeln.

Ein abenteuerliches Erzählstück über Freundschaft und das Anderssein, für alle ab acht Jahren.

Stereo – Typen

Theaterproduktion von Kolypan & Teatro Lata, Zürich

Besuch einer öffentlichen Vorstellung am 4. März im Schlachthaus Theater Bern

von Kathrin Brülhart Corbat

Auf der Bühne steht eine typische Schulgarderobe. Wir sind gerade dabei, als Rico vor die Tür gestellt wird. Rico hat viele Probleme in der Schule, Zahlen und Buchstaben sind nicht so sein Ding, er hat auch häufig Stress mit seinen Klassenkamerad*innen. Die machen ihn so wütend, bis er dreinschlägt, nun geht er eigentlich allen aus dem Weg. Bis Robi auftaucht. Auch er wurde vor die Tür gestellt, auch er ist ein Einzelgänger ohne Freude – Rico und Robi entdecken schnell eine gemeinsame Leidenschaft: das Musik machen…

Die beiden treffen sich nun immer wieder im Bandraum der Lehrpersonen, manchmal auch nachts: Robi hat einen Schlüssel zu diesem geheimen Paradies…

Hier werden wir nun Zeugen, wie tolle Songs entstehen. Richtig coole Songs mit Texten (von Robi!) und den noch cooleren «moves» (natürlich alles live – beide Schauspieler sind tolle Musiker) Hier werden Streiche ausgeheckt und stundenlang in Game-Welten abgetaucht.

Was in diesem Proberaum aber vor allem passiert; da wird echtes Entstehen von Vertrauen einer Jungenfreundschaft gezeigt: allmählich fallen die Coolness- Muster.

Es wird mit Nuscheli geschlafen und ins Bett gepinkelt vor Angst. Wir blicken hinter die Fassade von gängigen «Männlichkeitsbildern».

Ein wunderbarer Moment auch, als die beiden Väter der Jungs ins Spiel kommen, da es Puff gibt mit der Schulleitung. Robi und Rico haben die Wände im Schulhaus vollgesprayt mit ihrem Logo Stereo-Typen, das kostet natürlich was und wird zur Bewährungsprobe für das Duo.

Aber so viel verrate ich an dieser Stelle: am Schluss kommt es zu einem Schulkonzert erster Klasse !

Eine empowernde Geschichte über eine Jungenfreundschaft, feinfühlig erzählt mit viel Musik für alle ab 8 Jahren.

Drü Insle

Theaterproduktion von Triplette, Luzern

Besuch einer öffentlichen Familienvorstellung am 19. Februar 23 im Tojo Theater der Reitschule Bern, von Kathrin Brülhart Corbat.

«Lueg das send d’Wohnige», «Nei das send d’Insle», «äbe, d’Ensle esch dänk e Wohnig», neben mir sitzen zwei Kinder und warten gespannt, bis es losgeht.

Mit lautem Möwengekrächze fliegen sie auf die Bühne: «Mier send die coole Möve ond flüüged öbers Meer, Carlotta, Gaby, Lia, so heissed mier ….», immer wieder hören wir diesen Sprechgesang und fühlen uns schon weit weg, irgendwo am Meer.

Es ist Morgen. Die drei Inselbewohnerinnen leben je auf einer unterschiedlichen Insel (toll eingerichtet auf einem Holzpalette 🙂 Sie erwachen und gehen ihrer Morgenroutine nach. Da wird Kaffee getrunken, die Werkbank eingerichtet, indem jedes einzelne Werkzeug begrüsst wird; auf eigensinnige Art Zähne geputzt und nach den Möwen Ausschau gehalten. Danach wird gehämmert und genagelt, gebacken und geschrieben.

Von aussen betrachtet: pures Lebensglück, denen geht’s gut, auch wenn sie allein auf ihrer Insel leben. Jede hat auch ein Spiel gegen die Langeweile, wie «Schäri, Stei, Papier» oder «Becher rücken». Das kann man nämlich tiptop allein spielen.

Jedoch am Abend, wenn es eindunkelt, kommt die Einsamkeit angeschlichen, dann sehnen sich alle Drei nach Freundschaft. Wie gerne hätten sie mal Besuch und würden gemeinsam Kuchen essen, Gedichte erfinden oder die Werkbank aufräumen.

Und dann kommt der Moment, auf den wir alle im Publikum gewartet haben: beim Möwen beobachten durch das Fernglas, entdecken sie einander! Nun werden Briefe geschrieben und Einladungen getippt und dank der Möwenpost gelangen diese auch an den richtigen Ort.

Wie gross die Freude über die erhaltenen Einladungen ist, kann man sich ja vorstellen und dann kommt mein Lieblingsmoment in diesem Stück: Wie gelangt man jetzt auf die andere Insel, wie kommt man über’s Wasser… da ist das Papierschiff viel zu klein, um einzusteigen oder das «Schletzband» funktioniert zu wenig gut.

Als alle schon aufgeben wollen, passiert etwas, das an dieser Stelle nicht verraten wird. Nur so viel: naturwissenschaftlich nicht ganz einwandfrei aber wunderbar magisch!

Eine herzerwärmende Geschichte über das Einsam- sein, Sehnsucht- haben und Freunde-finden für alle ab drei Jahren.

So nicht mein Prinz!

Ein Erzähltheater von Alexandra Frosio

Frei nach dem Bilderbuch „Der Prinz im Pyjama“ von Heinz Janisch.

Besuch einer öffentlichen Vorstellung am 13. Januar 2023 im Theater Kellerpoche, Fribourg von Kathrin Brülhart Corbat

Vor der Tür vom Theater Kellerpoche in Fribourg ist an diesem Sonntagmorgen viel los: man kann den «Stalden» in der Altstadt runterschlitteln, zig Kinder stehen mit ihren Schlitten und Skihelmen an… «Der Schnee wird jedes Jahr hertransportiert», erklärt man mir am Eingang zum Kellerpoche. Hoffentlich kommen noch ein paar ins Theater. «Wir gehen dann einfach après» erklärt mir ein kleiner Junge, zuerst Theater – dann schlitteln, so geht das.

Wir steigen die steile Treppe runter ins Kellerpoche und suchen uns einen Platz. «Schön ist es hier», meint ein kleines Mädchen neben mir. Stimmt, dieses Kellerpoche Fribourg hat seinen Charme.

Endlich geht’s los, wir erfahren, dass Prinz Isidor ein hübscher Prinz ist, der Liebling von der Königin und dem König. Aber leider gibt es da ein Problem, Isidor will einfach nicht die Kleider anziehen, die sich für einen Prinzen gehören, er hasst die weiten Puffärmel von der weissen Prinzenbluse und die engen Strumpfhosen, sie jucken und kratzen, sind steif und unbequem. Am liebsten trägt Isidor seinen dunkelblauen, kuscheligen Ganzkörper-Pijama. «Und was ist Dein Lieblingspijama?» immer wieder werden die kleinen Zuschauer*innen ins Geschehen einbezogen, die vierte Wand gebrochen.

Mit grossem Gespür für Kinderfragen führt Alexandra Frosio als Erzählerin durch die Geschichte von diesem sympathischen kleinen Prinzen. Wir erfahren, dass Isidor ein grosser Erfinder ist, er hat zum Beispiel den Meter erfunden und die Nähmaschine und die Bettflasche und…

Aber eben dieses Pijama, das geht gar nicht, eines Tages wird der König so wütend, dass er Isidor in die weite Welt rausschickt, er soll nun endlich lernen ein richtiger Prinz zu sein, mit Drachen töten und mutig sein und so. Isidor meistert sein «Prüfungen» mit Bravour und das soll an dieser Stelle verraten werden, natürlich mit Hilfe verschiedener Pijamas, die er in seinen Koffer gepackt hat. Eine meiner Lieblingsstellen, als der Räuberhauptmann mit seinen 24 Kollegen das rote Pijama geschenkt bekommt (spannt etwas um den Bauch und ist viel zu kurz) und sich von diesem Geschenk besänftigen lässtJ

Die Geschichte endet wie im Märchen: mit Elisabeth einer Prinzessin, die eine absolut geniale Schwimmerin ist und einer Koffer-Hochzeitstorte auf der ganz zuoberst eine Musikdose «für Elise» spielt.

Eine wundervolle phantasieanregende Geschichte für alle ab vier Jahren.

Die Geschichte vom Onkelchen

Theaterproduktion von La Grenouille, Biel

Besuch einer Schulvorstellung am 26. Januar 23 im Tojo Theater der Reitschule Bern

von Kathrin Brülhart Corbat

Wir kommen rein, ich und ca 100 Erst- und Zweitklässler*innen hören schon beim Reinkommen Streichertöne, das Cello wird gestimmt, zwei Geigen und eine Bratsche. Die Musikerinnen stimmen sich ein und wir sind live dabei. «Schön!», staunt ein Junge neben mir. «Hat es schon angefangen?» fragt er, « ich glaube schon», meint seine Nachbarin.

Der kleine Onkel lebt in seinem Haus ganz alleine am Waldrand. Er liebt Kaffee und möchte gerne einen Freund. Nachts weint er, weil er so einsam ist. Eines Tages schreibt er kleine Zettel mit der Nachricht «Einsamer Onkel sucht einen Freund», diese klebt er überall an die Bäume. Danach setzt er sich auf die Treppe vor seinem Haus und wartet…

Das ist der Anfang dieser wundervollen Geschichte nach dem Bilderbuch von Barbro Lindgren. Wir sehen ein Musiktheater fast ohne Worte über Einsamkeit und Freundschaft. Das Streichquartett «erzählt» mit. Die Musikerinnen bewegen sich mit ihren Instrumenten, sind mal mitten auf der Bühne oder neben dem Haus vom kleinen Onkel oder weit weg auf ihren vier Stühlen an jeder Ecke des Bühnenraumes.

Zurück zur Geschichte: der kleine Onkel wartet zehn Tage und zehn Nächte. Als er die Warterei schon fast aufgibt, taucht endlich jemand auf – ein Hund. Die beiden mögen sich von der ersten Minute an. Endlich hat der kleine Onkel einen Freund, den er sogar in seinem Bett übernachten lässt und mit Kaffee verwöhnen kann.

Die Zeit vergeht, es wird Sommer, mit wunderbaren musikalischen Insektenflügen, dann kommt der Herbst mit einem genialen Geigensturm. Als es Winter wird, erleben wir, was es heisst, wenn man seinen allerbesten Freund teilen muss.

Liebe, Zuneigung und Wärme sind in diesem Stück für alle fass- und erlebbar. Fein und schlicht erfahren wir viel über sich gernhaben, traurig und überglücklich sein.

Die Theaterfassung von Thomas Brömmsen und Lars-Erik Brossner stand bereits vor 25 Jahren auf dem Spielplan von La Grenouille. Wunderbar, dass sie erneut aufgenommen und von Charlotte Huldi neu inszeniert wurde. Für alle ab 5 Jahren.

Was macht ds Wätter

Ein Objekttheater für alle ab 3 Jahren von Engel&Magorrian, Bern

Besuch einer Schulvorstellung am 5. Dezember im Schlachthaus Theater Bern

von Kathrin Brülhart Corbat

Nur ungern trennt sich der Wetterwart von seiner Decke, lieber möchte er noch etwas länger Nacht haben. Aber das geht nicht, die Nacht ist nun vorbei, sie muss gehen, vorsichtig wird sie in ein Kästchen gelegt, aber auch die Nacht wäre gerne noch etwas wach, sie möchte noch nicht gehen… das Kästchen springt immer wieder auf, mit einem Gutenachtkuss funktionierts – endlich, weil die Sonne wartet schon.

Es gibt viel zu tun an so einem Morgen: Da muss als erstes der Mond abgehängt werden und natürlich wird Radio gehört, schliesslich muss man ja rausfinden, was das Wetter heute macht: Am Vormittag Sonne, blauer Himmel und am Nachmittag etwas Wolken und Regen.

Zuerst wird die Sonne aufgepumpt, zu Beginn will sie noch nicht an den Himmel, sie möchte lieber noch etwas herumgumpen, vorwärts und rückwärts, recht wild ist sie. Der Wetterwart erklärt uns, das sei normal, dass sie so wild tut – ja, weil nachher muss sie ja ganz ruhig über den Himmel gleiten, da darf sie sich nun schon noch etwas austoben. Finden wir auch.

Und wo ist eigentlich der Regen? Den brauchts am Nachmittag auch. Aber zuerst noch der blaue Himmel, ein wunderschöner, etwas selbstverliebter Himmel kommt zum Vorschein, er singt für’s Leben gerne und möchte eigentlich mehr im Vordergrund sein… aber das geht nicht, der Himmel muss in den Hintergrund.

Später erfahren wir, dass der Schnee krank ist, er hat Fieber und befindet sich im Kühlschrank und eben der Regen, wo steckt er bloss, will er wieder Versteckis spielen? Nein bitte jetzt nicht! Wir haben keine Zeit. Bald schon muss es regnen. Aber ojeee dem Regen geht es nicht gut, er ist traurig, immer gehen alle nach Hause, wenn er kommt… Zum Glück kann der Wetterwart so gut trösten und es kommt alles gut am Schluss, auch mit dem Regen.

Wunderbar verspielt und fröhlich thematisiert «Was macht ds Wätter»

die Herausforderung, wenn etwas zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss. Der Wetterwart kümmert sich um die Wetter-Elemente mit viel Geduld. Selbst wenn sie seine Nerven strapazieren, verliert er nie den Humor.

Ausgangslage für das Stück bildet die Situation, die Begleitpersonen von jüngeren Kindern nur zu gut kennen: Die Herausforderung, sich für den Tag bereit zu machen. Pünktlich und in der richtigen, dem Wetter und der Jahreszeit angepassten Kleidung am richtigen Ort zu sein, währenddem die Kleinen und ihre Bedürfnisse immer wieder die Kontrolle übernehmen und nicht alles wie geplant abläuft….

Ein Objekttheater mit viel Musik, das starke Bilder schafft und auch die Allerkleinsten die Theater-Magie erleben lässt.

Toto, Laura & die Stadtmusikant*innen

Theaterproduktion von Kolypan, Zürich

Besuch einer Schulvorstellung am 7. November 22 anlässlich des Theaterfunkens in der Kleinen Bühne Zofingen von Kathrin Brülhart Corbat

Ob wir auch ein Instrument spielen und welches, werden wir zu Beginn von Toto gefragt. Erstaunlich viele Kinder spielen ein Instrument, fast alle. Toto, der Strassenmusiker freut sich: «Wow, das ist super und falls jemand kein Instrument spielt, das da ist einfach und günstig…» Toto spielt nun wie ein Verrückter auf der Ukulele. «Cool!», lacht ein Junge neben mir, «ich spiele Handorgel.»

Schon bald sind wir mitten in einem Toto- Live- Konzert, bis der Strecker gezogen wird – von Laura. Laura braucht unbedingt Strom und ein Bett. Laura ist obdachlos und ihr Handy-Akku ist leer. Wir erfahren, dass sie nach dem Tod ihrer Grossmutter den Boden unter den Füssen verloren hat und nun auf der Strasse lebt.

Nun möchte Laura mit ihrem übergrossen Migroswagen, an dem zig Plastiktaschen hängen, wieder gehen; aber Toto und die Kinder halten sie auf. Sie solle bleiben, unbedingt! «Mach mit, getrau Dich!» Und schon bald beginnt Laura den spanischen Hunde-Song von Toto zu übersetzen und noch einen Tuck später, getraut sie sich sogar zu singen, und wie sie singt… wunderschön.

Die beiden sind ein richtiges Strassenmusikanten-Dream-Team. Da wird als Katze getanzt und als Hahn gekämpft und je länger das Konzert dauert, je mehr wird eine bekannte Geschichte reingesponnen: die Bremerstadtmusikanten.
In «Toto, Laura & die Stadtmusikant*innen» wird das Märchen neu erzählt und dazu erfunden, den jeweilige Situationen von Toto und Laura’s Tour angepasst.  

Wunderbar schräg und witzig. Gemeinsam ziehen die beiden mit Esel, Katze, Hahn und Hund weiter und man wünscht sich, dass sie für immer zusammenbleiben.

Ein starkes Stück über Freundschaft und Mut, mit viel Musik für alle ab 8 Jahren.